Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Politik / 06.12.2024 • 07:05 Uhr

„Mehr Freiheit, weniger Bürokratie“ verspricht das Regierungsprogramm der ÖVP-FPÖ-Koalition in Vorarlberg. Zu diesem Zweck plant die neue Regierung, eine eigene Stelle für Bürokratieabbau einzurichten und Verfahren zu beschleunigen. Das ist prinzipiell eine gute Idee.

„Nicht wenige Unternehmen ziehen einen Vorteil daraus, dass bestimmte Produkte zum Standard werden.“

Selbstverständlich soll beispielsweise hinterfragt werden, für welche Vorhaben es heute überhaupt noch einer Baubewilligung bedarf. Gerade für die Wirtschaft bieten landesspezifische Regelungen Vorteile: Sie ermöglichen eine bessere Anpassung an regionale Gegebenheiten und schnellere Entscheidungen. Die Alternative zu den Bauordnungen der Länder wäre ein einheitliches Gesetz für ganz Österreich und das würde nach allen Erfahrungen der Vergangenheit die Bürokratie potenzieren.

Dies zeigt sich an den Tausenden ÖNORMEN, die Standards für Baustoffe und Bauteile vorgeben und nicht von irgendwelchen finsteren Bürokraten in den Ländern produziert werden. Vielmehr werden sie bei Austrian Standards, einem österreichischen Normungsinstitut, auch unter Beteiligung von Lobbyisten der Wirtschaft für ganz Österreich einheitlich ausgearbeitet. Nicht wenige Unternehmen ziehen einen Vorteil daraus, dass bestimmte Produkte zum Standard werden.

Auch der Bund soll sich um seine Hausaufgaben kümmern: Wir spüren die Bürokratie bei jeder Kontoeröffnung, wenn wir einen Stapel an Formularen, die wir ohnehin nicht lesen, unterschreiben müssen. Darunter befinden sich auch völlig sinnlose Bestätigungen gegenüber amerikanischen Finanzbehörden, dass wir keine US-Amerikaner sind.

Die kritisierten strengen Regelungen über die Vergabe von Wohnkrediten, die nun erfreulicherweise gelockert werden sollen, verfolgten wenigstens ein grundsätzlich wichtiges Ziel, nämlich die Verhinderung einer Immobilienblase. Gleichzeitig wollte man vermeiden, dass sich Familien verschulden, die sich die Rückzahlung ihrer Kredite nicht leisten können. Allerdings war die Richtlinie viel zu starr, erschwerte vielen Menschen die Verwirklichung eines Traums und würgte die Baukonjunktur ab – während auf der anderen Seite niemand einschritt, als die Banken dem Signa-Imperium von Rene Benko unzählige Millionen in den Schlund warfen.

Peter Bußjäger ist Direktor des ­Instituts für Föderalismus und ­Universitätsprofessor in Innsbruck.