Koalitionsverhandlungen: Die großen Brocken liegen noch im Weg

Politik / 09.12.2024 • 16:05 Uhr
ABD0058_20241118 – WIEN – …STERREICH: ZU APA0156 VOM 18.11.2024 – SP…-Chef Andreas Babler, …VP-Chef Karl Nehammer und NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger am Montag, 18. November 2024, im Rahmen von Pressestatements nach dem heutigen GesprŠch mit …VP und SP… zur Regierungsbildung in Wien im Palais Epstein in Wien. – FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER
Der letzte gemeinsame Medientermin von SPÖ-Chef Andreas Babler, Bundeskanzler Karl Nehammer und Neos-Vorsitzender Beate Meinl-Reisinger (v.l.n.r.) fand am 18. November statt. Seither wird intensiv verhandelt. APA/HELMUT FOHRINGER

Die Parteispitzen berichteten dem Bundespräsidenten am Montag, wie es um die Verhandlungen steht. In vielen Teilbereichen gibt es bereits Fortschritte.

Wien Vom Wahltag bis zur Angelobung dauerte es in der Zweiten Republik durchschnittlich 70,2 Tage. Am Montag waren seit der Nationalratswahl am 29. September diese 70 Tage bereits überschritten. Doch ein Ende der Verhandlungen ist nicht in Sicht. Am Montag berichteten Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), SPÖ-Chef Andreas Babler und Neos-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen über den Stand der Koalitionsverhandlungen. “Ich gehe von Jänner irgendwann aus”, sagte Van der Bellen über das kolportierte Verhandlungsende.

Ist diese Verhandlungsdauer normal?

Alles normal, wenn man sich die Dauer der letzten Koalitionsverhandlungen anschaue, beruhigte Van der Bellen. Nach der letzten Nationalratswahl vor fünf Jahren dauerte es 100 Tage, bis die Türkis-Grüne Bundesregierung unter Sebastian Kurz (ÖVP) angelobt wurde. “Wenn die Verhandlungen erst im Jänner zum Abschluss kommen, bewegt sich das noch im üblichen Rahmen”, sagt auch der Mellauer Politikwissenschaftler Marcelo Jenny von der Universität Innsbruck den VN.

ABD0041_20241209 – WIEN – …STERREICH: SP…-Chef Andreas Babler am Montag, 09. Dezember 2024, vor einem GesprŠch mit dem BundesprŠsidenten in der PrŠsidentschaftskanzlei in Wien. – FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH
SPÖ-Chef Andreas Babler am Montag auf dem Weg zum Bundespräsidenten. APA/GEORG HOCHMUTH

Gibt es ein Datum, an dem es Ergebnisse geben soll?

Nein. Bislang galt der zwölfte Dezember als Stichtag, an dem die Verhandlerinnen und Verhandler in allen Untergruppen zu groben Einigungen gefunden haben sollen. Dann soll klar sein, ob weitere Gespräche sinnvoll sind. Anfang kommender Woche sollen die drei obersten Verhandler strittige Punkte klären. Einen konkreten Termin gibt es dafür aber noch nicht.

Wie ist die Stimmung?

Laut Verhandlerkreisen gibt es eine Art Kommunikationssperre, bis erste Ergebnisse offiziell präsentiert werden. Das soll die Vertrauensbasis in den Verhandlungsteams stärken. Das bestätigten alle drei Parteien den VN. Politikwissenschafter Jenny findet “angesichts dessen, wie viele Personen eingebunden sind, die kommunikative Disziplin erstaunlich hoch”. Die Spannungen könnten sich aber noch aufbauen, sagt Jenny den VN: “Die schwierigen Fragen werden sich bis zum Schluss vermutlich noch aufstauen.”

Koalitionsverhandlungen: Die großen Brocken liegen noch im Weg
Marcelo Jenny ist Politikwissenschafter an der Universität Innsbruck. Er beschäftigt sich unter anderem mit Inhalts- und Sentimentanalyse politischer Kommunikation. ÖGfE

Was sind aktuell Knackpunkte?

Das Geld. Je nach Berechnungsart müssen zwischen 15 und 23 Milliarden Euro gefunden werden. Wo eingespart wird, ist ebenso Gegenstand der Gespräche wie die Frage, inwieweit man auf der Einnahmenseite Maßnahmen setzt. Die SPÖ fordert Vermögenssteuern, die ÖVP lehnt sie ab. Nehammer hatte sich zuletzt jedoch bewegt und Steuererhöhungen auch nicht mehr ausgeschlossen. “Man braucht überhaupt keine neue Steuer”, sagte aber Übergangsfinanzminister Gunter Mayr. Die Abgabenquote sei in Österreich mit 43,7 Prozent bereits hoch genug. Als Kompromiss könnte eine höhere Grundsteuer herausschauen, wurde von mehreren Seiten kolportiert. Verhandler ließen am Wochenende auch durchsickern, dass es bei strittigen Themen wie Gesamtschule oder Vermögenssteuern Volksbefragungen geben könnte.

Wo gibt es Fortschritte?

Die Gesprächsgrundlage sei in vielen Untergruppen gut, heißt es aus allen drei Parteien. Abseits des Budgetlochs gebe es einige Fortschritte. Dazu gehören etwa Maßnahmen zum Bürokratieabbau. Einigung soll es auch zum Beispiel bereits zu einem “Integrationspaket” geben, die VN berichteten. Jenny geht davon aus, dass die drei Parteien vor Weihnachten erste Ergebnisse vorstellen werden: “Ich denke, dass sie sich etwas auf die Seite gelegt haben, das sie positiv präsentieren können.”

Geht aktuell politisch überhaupt etwas weiter?

Ja. Am Mittwoch versammelt sich der Nationalrat zu seiner letzten Sitzung in diesem Jahr. Auf dem Programm stehen etwa die Beamtengehälter-Erhöhung, Zweckzuschüsse für Hochwasseropfer und die Neuregelung der Handysicherung. Auch die angekündigte Nulllohnrunde für Politiker muss bis dahin ausverhandelt sein.