Jedes zehnte Bett in Vorarlbergs Pflegeheimen steht leer
![ABD0040_20240122 – SITTEN – SCHWEIZ: Une infirmiere parle avec une residente ce lundi 22 janvier 2024 a l’EMS Saint-Francois a Sion. Une convention collective de travail (CCT) pour le domaine des soins de longue duree (EMS et CMS) a ete signee ce lundi dans le cadre de la mise en ?uvre de l?initiative populaire federale […]](/2024/12/ABD0040-20240122-1-768x512.jpg)
Die Pflegekosten sind in den vergangenen fünf Jahren österreichweit um ein Drittel gestiegen. Gesundheitsökonom Armin Fidler kritisiert die verschleppte Pflegereform.
Schwarzach Im Oktober waren in Vorarlbergs Pflegeheimen neun von zehn Betten belegt. Diese aktuellen Zahlen übermittelt das Büro der zuständigen Landesrätin Martina Rüscher (ÖVP). Insgesamt waren mit Stichtag 31. Oktober 2372 Betten genehmigt, 2162 waren belegt. Das entspricht einer Auslastung von 91 Prozent. 106 Betten waren wegen Personalmangels nicht belegt.
57 Betten waren zudem wegen Zu- und Umbaus gesperrt. 47 Betten waren aufgrund von Todesfällen nicht belegt, üblicherweise stehen sie anschließend für rund sieben Tage leer. Die übrigen leer stehenden Betten ergaben sich zum Beispiel, da Personen verspätet aus dem Krankenhaus kamen, informiert Rüschers Büro.
Unterschiedliche Situation in den Bezirken
Ein Blick in die Bezirke zeigt regionale Unterschiede. In Bludenz fehlen 13,32 Vollzeitäquivalente (VZÄ) an diplomierten Pflegekräften, drei VZÄ an Assistenzberufen und 1,51 VZÄ an Heimhilfen. Drei Betten konnten aufgrund von Personalmangel nicht belegt werden. In Feldkirch waren es mit 31. Oktober 30 Betten, die aus diesem Grund nicht belegt waren. Insgesamt fehlen 12,18 VZÄ an diplomierten Pflegekräften, 14,01 VZÄ an Assistenzberufen, 1,68 VZÄ an Heimhilfen.
Dornbirn benötigte noch 23,57 VZÄ an diplomierten Pflegekräften, 11,60 VZÄ an Assistenzberufen, 11,36 VZÄ an Heimhilfen. Hier konnten sogar 56 Betten nicht belegt werden. In Bregenz waren es 17 Betten. Dort fehlten 22,32 VZÄ an diplomierten Pflegekräften, 19,00 VZÄ an Assistenzberufen, 13,50 VZÄ an Heimhilfen.
“Die Situation ist auf jeden Fall prekär”, sagt Gesundheitsexperte Armin Fidler. Eine besondere Herausforderung sei die grenznahe Situation in ganz Vorarlberg. Denn, so Fidler, “das Entlohnungssystem ist österreichweit vereinheitlicht, man kann keine großen Ausreißer machen”.
Alternative Wohnformen in Vorarlberg stark
Das Angebot an Pflegerinnen und Pflegern wird nicht unbedingt größer, gleichzeitig gibt es einen wachsenden Markt an Nachfrage, betont Fidler. Das zeigen auch die Daten der Statistik Austria für 2023, die am Montag veröffentlicht wurden. Demnach lagen die Kosten für Betreuungs- und Pflegedienste 2023 bei rund 5,18 Milliarden Euro. Die Kosten sind damit im Vergleich zu 2022 um 11,4 Prozent und im Fünf-Jahres-Vergleich zu 2018 sogar um 32 Prozent gestiegen. Allein 4,26 Milliarden Euro davon flossen im Vorjahr in die stationären Dienste. Die 24-Stunden-Betreuung ist in diesen Berechnungen übrigens nicht enthalten.
In Vorarlberg lagen die Ausgaben bei rund 211 Millionen Euro. Auffällig ist, dass im Land mit fast 5,7 Millionen Euro stark in alternative Wohnformen wie zum Beispiel betreutes Wohnen investiert wird. Nur die Steiermark hatte hier mehr Ausgaben, und zwar rund 6,1 Millionen Euro. In Wien wurden hingegen nur rund 227.000 Euro dafür ausgegeben.
Erhebung der Statistik Austria
Jeden Dezember veröffentlicht die Statistik Austria ihre aktuellen Daten zu Pflege- und Betreuungsformen. Sie umfassen die Bereiche mobile Dienste, teilstationäre Tagesbetreuung, stationäre Dienste, alternative Wohnformen und Case- und Caremanagement.
Marktproblem
“Die geburtenstarke Generation der Babyboomer ist jetzt schon pflegebedürftig”, erläutert Fidler die Hintergründe. Zudem sei der Personalmangel “ein Resultat eines nicht funktionierenden Marktes”. Fidler erläutert: “Wenn die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung nicht adäquat sind, dann stimmt das Angebot nicht.” Man könne nun entweder die Entlohnung oder die freiwilligen betrieblichen Zusatzleistungen verbessern. Dazu könnte etwa qualitativ hochwertige Kinderbetreuung gehören, die gratis oder kostengünstig angeboten wird.

“Das Gesamtpaket ist wichtig, nicht nur der Lohnzettel.”
Armin Fidler, Gesundheitsökomon
Fidler berichtet, dass auch die Arbeitsbedingungen eine Rolle spielen. Er nennt Beispiele von Pflegerinnen und Pflegern, die zum Beispiel in der Schweiz gearbeitet haben und zurückgekehrt sind. “Dort weht ein rauerer Wind. Die Arbeitsleistung, der Stress und der Druck sind höher. Dafür verdient man doppelt so viel, hat aber auch zusätzliche Ausgaben wie vielleicht Gesundheitsversicherung und Pensionen. Das Gesamtpaket ist wichtig, nicht nur der Lohnzettel”, betont der Gesundheitsökonom.
Fidler übt im Gespräch mit den VN auch Kritik: “Die letzte Bundesregierung hat diese Dose weiter gekickt. Eine umfassende Pflegereform wäre ja Teil des Regierungsprogramms gewesen. Nun liegt es an der neuen Regierung.”