Rauch zur Pflegesituation: “Man darf sich nicht wundern, dass Mitarbeiter fehlen”

Für Gesundheitsminister Johannes Rauch ist klar: Möchte man die Personalsituation in der Pflege kurzfristig verbessern, muss an den Rahmenbedingungen gearbeitet werden.
Wien, Schwarzach Die Pflegekosten in Österreich explodieren. In den vergangenen fünf Jahren sind sie österreichweit um ein Drittel gestiegen (die VN berichteten). Im Vorjahr kostete die Pflege 5,18 Milliarden Euro. Gleichzeitig stehen in Vorarlberg 106 Betten leer, weil das Personal fest. Für Gesundheitsminister Johannes Rauch steht fest: Kurzfristig könne das Personalproblem nur gelöst werden, wenn die Rahmenbedingungen passen – also der Gehaltsabschluss: “Mitarbeiter in den Krankenhäusern verdienen nach wie vor mehr als in den Pflegeheimen – bei gleicher Ausbildung.”
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Gesundheitsexperte Armin Fidler warnt, dass sich der Personalmangel noch weiter zuspitzt, weil der Markt nicht funktioniert. Was funktioniert Ihrer Ansicht nach nicht bei der Personalsuche?
Johannes Rauch Es gibt einen Wettbewerb um Fachkräfte und besonders um Pflegekräfte – und zwar europaweit. Allein in Österreich brauchen wir bis zum Jahr 2030 rund 51.000 zusätzliche Pflegekräfte. Das Problem wurde viel zu lange nicht angegangen. Erst in den vergangenen drei Jahren haben wir große Reformschritte gesetzt, die den Beruf attraktiver machen. Seit heuer haben wir auch noch eine Milliarde Euro pro Jahr zusätzlich für die Pflege zur Verfügung. Das wird in den nächsten Jahren Wirkung zeigen.
In Vorarlberg stehen über 100 Betten wegen Personalmangels leer. Gibt es eine Möglichkeit, dieses Problem kurzfristig in den Griff zu bekommen?
Rauch Kurzfristig lassen sich nur innerhalb Vorarlbergs die Rahmenbedingungen verändern. Mitarbeiter in den Krankenhäusern verdienen nach wie vor mehr als in den Pflegeheimen – bei gleicher Ausbildung. Da darf man sich nicht wundern, dass Mitarbeiter in den Pflegeheimen fehlen.
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Er kritisiert auch, dass eine umfassende Pflegereform ausgeblieben ist. Ist sie das?
Rauch Ich weiß nicht, wo der Herr Fidler in den letzten Jahren gelebt hat? Wir haben in Österreich in den letzten zweieinhalb Jahren drei Reformpakete mit fast 50 Verbesserungen für die Pflege umgesetzt: mehr Gehalt, eine sechste Urlaubswoche ab 42, 630 Euro pro Monat während der Ausbildung, zusätzliche Kompetenzen für Pflegekräfte. Plus eine Milliarde mehr Budget pro Jahr. Für pflegende Angehörige gibt es jetzt den Angehörigenbonus. Da staune ich doch über solche Aussagen eines Gesundheitsökonomen.
Wie können die Pflegekosten verringert werden?
Rauch Es geht nicht darum, die Pflegekosten zu verringern. Die Menschen werden Gott sei Dank immer älter. Das bedeutet aber auch, dass immer mehr Menschen pflegebedürftig werden. Es geht darum, die Mittel gut einzusetzen.
Was muss die neue Bundesregierung tun?
Rauch Wir müssen noch stärker auf Prävention setzen, damit die Menschen länger gesund bleiben. Das Projekt Community Nurses zeigt, was es braucht, damit die Menschen länger zu Hause bleiben können. Auch die Zuwanderung von Fachkräften müssen wir erleichtern. Wir haben gerade eine Pflege-Entwicklungs-Kommission eingeführt, um die Maßnahmen in Bund und Ländern besser aufeinander abzustimmen. Natürlich darf eine künftige Regierung nicht die Hände in den Schoß legen. Aber der Grundstein ist gelegt. Die Situation hat sich stabilisiert. Ich bin zuversichtlich.