Rainer Keckeis

Kommentar

Rainer Keckeis

Schuldenstaat

Politik / 30.12.2024 • 07:05 Uhr

Die neue Bundesregierung hat eine gewaltige Herausforderung vor sich: sie sollte die hohe Staatsverschuldung reduzieren. Bereits in Folge der Bankenkrise 2008 ist die Staatsverschuldung auf über 85 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gestiegen. Und genau in der darauffolgenden Konsolidierungsphase hat die schwarz-blaue Regierung mit einer beispiellosen Geldverteilungsaktion auf die Covid-Pandemie reagiert und die Staatsverschuldung wieder von rund 71 % auf über 83 % des BIP hinaufschnellen lassen.

Selbstverständlich wird jetzt in der öffentlichen Diskussion so ziemlich alles, von dem man selbst keinen Vorteil hat, zur Disposition gestellt. Alle wissen jetzt ganz genau, dass jeder Bürger einen gewichtigen Beitrag zur Sanierung des Staatshaushaltes leisten muss. Nur sie selbst sind absolut nicht in der Lage, etwas beizusteuern. Dafür sollen die Pensionisten bluten, sollen Sozialleistungen gestrichen und im Gesundheitssystem Milliarden eingespart werden. Selbst der Klimabonus soll gestrichen werden, was einer Steuererhöhung von rund zwei Milliarden Euro pro Jahr entspricht. Was in den vielen Aufzählungen nie fehlen darf: die Zerschlagung der Verwaltung und die Abschaffung demokratischer Körperschaften wie die Bundesländer, die Gemeinden, die Kammern und die Sozialversicherungen. Und was bei solchen Aufzählungen fast immer fehlt: Einsparungsvorschläge im hochsubventionierten Agrarsektor oder die Durchforstung der Steuerprivilegien der Reichen und die Einführung von vermögensbezogenen Steuern, wie sie in anderen Industrieländern üblich sind.

Egal, welche Positionen sich letztlich als mehrheitsfähig erweisen. Es wird sicher keine rein ausgabenseitige Sanierung geben. Die Ausgaben des Staates sind ja per se nichts Schlechtes und kommen immer auch jemanden zugute. So steht unseren Staatsausgaben auch eine weitgehend intakte Infrastruktur, eine funktionierende Verwaltung ein existenzsicherndes Sozialsystem gegenüber, von dem direkt oder indirekt die große Mehrheit der Bevölkerung profitiert.

Und überhaupt: Wer kann genau definieren, welches Maß an Staatsverschuldung optimal ist? Die höchsten Schulden der Welt haben die Industrienationen Japan und die USA. Aber auch Chinas Staatsverschuldung steigt explosionsartig und wird in den nächsten fünf Jahren die Marke von 100 % des BIP überschreiten. Sicher ist nur eines: weniger Schulden eröffnen Spielräume für kommende Herausforderungen. Deshalb macht es Sinn, das Budget jetzt auf einen Kurs zurückzuführen, der jenen Kriterien entspricht, denen wir uns freiwillig mit dem Beitritt zur Währungsunion verpflichtet haben.

Rainer Keckeis ist ehemaliger AK-Direktor Vorarlberg und früherer Feldkircher VP-Stadtrat.