Sicherheitsrisiko FPÖ?

Politik / 07.01.2025 • 15:00 Uhr
Sicherheitsrisiko FPÖ?
Christian Stocker (rechts) ist neuer ÖVP-Chef. Noch vor wenigen Tagen warnte er vor FPÖ-Chef Herbert Kickl (links). APA

BVT-Affäre, Russland-Nähe, Abwahl der Bundesregierung per Volksabstimmung: Die ÖVP sparte nicht mit Kritik an der FPÖ und deren Parteichef Kickl.

Wien Ist Herbert Kickl als Bundeskanzler ein Sicherheitsrisiko? Ranghohe ÖVP-Politiker haben das zumindest bis Montag wiederholt in den Raum gestellt. Die ÖVP scheint aber nun bereit zu sein, sich in einer Koalition trotz dieser Bedenken als Juniorpartner unterzuordnen. “Die Situation hat sich verändert”, sagte der neue ÖVP-Chef Christian Stocker. Ein Überblick über die Vorwürfe.

BVT-Affäre

Der FPÖ-Chef habe mit seiner “rechtswidrigen Hausdurchsuchung das BVT zerstört und das Vertrauen internationaler Partner verloren”, zog Stocker Mitte August Bilanz über Kicksl Amtszeit als Innenminister von Dezember 2017 bis zur Ibiza-Affäre im Mai 2019. Erst im April bezeichnete die ÖVP die FPÖ im Parlament als “Russland-Trojaner”. Konkret ging es um die Spionage-Causa rund um Egisto Ott. Mit der Anklage gegen den früheren Verfassungsschützer Ott und den ehemaligen FPÖ-Politiker Hans-Jörg Jenewein sah ÖVP-Mandatar Andreas Hanger ebenfalls „bewiesen“, dass FPÖ-Chef Kickl “ein absolutes Sicherheitsrisiko für Österreich ist”.

Sicherheitsrisiko FPÖ?
Der Angeklagte Ex-BVT-Chefinspektor Egisto Ott vor Verhandlungsbeginn am Straflandesgericht Wien am 18. Dezember. APA

Die Staatsanwaltschaft Wien hatte zu diesem Zeitpunkt eine erste Klage gegen Ott wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs eingebracht. Ihm wird unter anderem zur Last gelegt, als Beamter des Innenministeriums im Auftrag des ebenfalls angeklagten Jenewein einen weiteren Beamten beauftragt zu haben, Informationen zu Teilnehmern eines Treffens europäischer Nachrichten- und Geheimdienste zu beschaffen. Jenewein wird weiters vorgeworfen, vertrauliche Unterlagen weitergegeben zu haben.

Es sei “realitätsfremd”, konstatierte Hanger, dass Kickl in den Informationsfluss zwischen Ott und Jenewein nicht eingebunden war. Kickl habe als Innenminister Ott immerhin eine zentrale Rolle in der Neuaufstellung des Geheimdienstes zugedacht. Als Minister habe er “den österreichischen Geheimdienst zerstört.”

“Die ÖVP muss hier tatsächlich erklären, warum es jetzt doch geht und was die Partei in der Zusammenarbeit nun vorhat, um dieses Sicherheitsrisiko zu begrenzen”, sagt Katrin Praprotnik, Politikwissenschafterin an der Universität Graz. Möglicherweise könnte man das mit einem fertigen Koalitionsvertrag und der Ministeriumsverteilung noch einmal darlegen und mitteilen, worauf man geachtet hat. “Darauf gar nicht einzugehen, hielte ich für falsch.”

Katrin Praprotnik
Katrin Praprotnik ist Politikwissenschafterin an der Universität Graz. ADL/J.Benedikt

Russland-Nähe

Auch der am Freitag abdankende Kanzler und ehemalige ÖVP-Chef Karl Nehammer bezeichnete Kickl noch vor wenigen Monaten wortwörtlich als “Sicherheitsrisiko”. Das hänge nicht nur mit Kickls mangelnder Abgrenzung gegenüber Rechtsextremen, sondern auch mit seinen Russland-freundlichen Positionen zusammen.

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Scharfe Kritik äußerte auch Innenminister Gerhard Karner, weil Kickl einer Überwachung der Messenger-Dienste eine Absage erteilt hatte.

Volksinitiativen

Ein weiterer Punkt betrifft die Ankündigung der FPÖ, das System der parlamentarischen Demokratie umzubauen. “Jedes Gesetz, das im Nationalrat beschlossen werden kann, soll auch in Form einer Volksinitiative beschlossen werden können“, sagte Kickl den VN und den Bundesländerzeitungen. Auch die Bundesregierung soll per Volksentscheid abgesetzt werden können, forderte die FPÖ im Wahlprogramm. Kickl wolle damit die Demokratie aushebeln, warnte Stocker noch Ende August.

Praprotnik erinnert daran, dass ÖVP und FPÖ bereits um 2017 forderten, dass es ab einer gewissen Unterschriftenanzahl rascher zu einer Volksabstimmung kommt. “Man hat sich dann im Koalitionsabkommen auf eine sogar höhere Schwelle geeinigt, als beide in ihren jeweiligen Programmen gefordert haben.”