Vogewosi-Chef: “Die Wohnungsnot ist nicht so groß”

Politik / 08.01.2025 • 16:00 Uhr
Vogewosi-Chef: "Die Wohnungsnot ist nicht so groß"
Hans-Peter Lorenz spricht über die aktuelle Situation am Vorarlberger Wohnungsmarkt. VN/Steurer

Hans-Peter Lorenz spricht im VN-Interview über die Forderungen der Landespolitik und die Situation am gemeinnützigen Wohnungsmarkt.

Dornbirn Dass Wohnen in Vorarlberg teuer ist, steht außer Frage. Schon eher für Diskussion sorgt der Befund mancher, dass wir in Vorarlberg eine Wohnungsnot hätten. Hans-Peter Lorenz ist Geschäftsführer des größten gemeinnützigen Wohnbauunternehmens im Land, der landeseigenen Vogewosi – und er ist Sprecher aller Gemeinnützigen Vorarlbergs. Als solcher fragt er sich im VN-Interview: Ist die Wohnungsnot wirklich so groß? Er glaubt nicht. Außerdem erklärt er, was er von Mietkauf-Modellen hält und warum es nicht in jeder Gemeinde sozialen Wohnbau geben kann.

Der Landtag hat kürzlich wieder über das Thema Wohnen diskutiert. Wie haben Sie die Debatte erlebt?

Lorenz Sie hatte interessante Aspekte. Aus meiner Sicht stellt sich die Wirklichkeit aber ein bisschen anders dar. Ich stelle immer wieder fest, dass bei Erstbezug Topwohnungen mit hohem Komfort leer stehen. In einer großen Stadt sind am Anfang fünf Wohnungen in einer Anlage nicht vermietet gewesen.

Warum nicht?

Lorenz Es war eine Holzmodulbauweise, Wohnen 500, mit Topqualität. Eine Wohnanlage mit 18 Wohnungen und 20 Bewerbern. Die angeführten Gründe: Ein fehlender Lift, die Wohnung ist zu dunkel, was weiß ich. In einer anderen Gemeinde: Drei Wohnungen bei Erstbezug leer. Das ist nicht überall so, aber punktuell. Diese Sachen verstehe ich nicht, wenn wir doch eine Wohnungsnot haben?

Oft soll es sich auch um Verbesserungswünsche handeln.

Lorenz Es gibt viele, die aus dem Bestand in eine neue Wohnung wollen. Was ja legitim ist – wenn der Verbesserungswunsch begründet ist. Also etwa bei beengten Verhältnissen, oder wenn jemand im obersten Stock ohne Lift lebt und nicht mehr so gut zu Fuß ist. Was ich nicht verstehe, ist, wenn junge Familien Wohnungen nicht nehmen, die wir gerade um 25.000 Euro saniert haben, weil sie keinen Lift hat. Entschuldigung, da stelle ich ernsthaft die Frage: Haben die Leute jetzt eine Not? Wo die Politik schon recht hat und was ich richtig finde, ist, dass man die Einkommensgrenze angehoben hat. Das funktioniert aber nur dann, wenn Leute, die dazu kommen, auch in den Bestand gehen. Wenn sie nur in den Neubau gehen, habe ich nichts davon. Ich will ja eine Durchmischung haben. Ich meine damit nicht die Rechtsform. Ich will nicht Eigentum mit Miete mischen, das bringt nichts. Aber ich möchte unterschiedlich starke Persönlichkeiten haben. Das ist für mich das Entscheidende im gemeinnützigen Wohnbau.

Vogewosi-Chef: "Die Wohnungsnot ist nicht so groß"
Lorenz ist gegen eine Durchmischung von Eigentum und gemeinnützige Miete. VN/Steurer

Warum wollen Sie keine Durchmischung von Eigentum und Miete?

Lorenz Wenn sie nebeneinander stehen, gemeinsamer Spielplatz, gemeinsame Tiefgarage, alles gut. Aber nicht, dass die Penthousewohnungen Eigentum sind und darunter gemeinnützige Mieter wohnen. Das bringt etwa das Problem, dass der Eigentümer meint, er muss mehr machen. Und es wirft Fragen bei der Verwaltung auf. Wenn Eigentum und Mieter sauber getrennt sind, funktioniert es gut. Die Durchmischung führt zu Problemen. Wir haben viele alte Wohnungen mit der Zeit verkauft. Und jetzt wird es schwierig beim Sanieren. Aber noch einmal zum Anfang: Ich will nicht den Eindruck erwecken, dass der Bedarf nicht da ist, in Schwarzach waren die Wohnungen gleich weg. Ich bin nur der Meinung, dass die Wohnungsnot nicht so groß ist. Es geht vielfach um Verbesserung.

Und wie sieht es sonst mit der Durchmischung aus?

Lorenz Durch unser System befinden sich vorn auf den Listen vorwiegend Flüchtlinge, die von Obdachlosigkeit betroffen sind. Das werte ich nicht. Aber es ist ein Faktum, dass es nicht zur Zufriedenheit führt.

Wie sieht grundsätzlich die Situation in den Siedlungen aus?

Lorenz Wir haben viele Projekte mit dem IfS und den Gemeinden. Die Brennpunkte sind weniger geworden, die Qualität in den Wohnanlagen ist insgesamt gut. Es gibt jedoch zunehmend Probleme,wenn man Leute zuteilt, die im Zusammenleben Probleme haben. Aber es ist auch Aufgabe der Gemeinnützigen, dass sie für die sozial und finanziell schwächeren Bevölkerungsteile einen Wohnraum liefern. Damit die soziale Qualität gut ist, muss man das Verhältnis zwischen finanziell stärkeren und schwächeren Bevölkerungsschichten jedoch gut abwiegen. Wichtig ist auch, dass wir grundsätzlich keine Anlagen mehr mit mehr als 30 Wohnungen bauen.

Weil Sie vorhin von der rechtlichen Durchmischung gesprochen haben: Bringen also mehr Mietkaufwohnungen auch mehr Probleme?

Lorenz Eher schon. Wobei wir schauen, dass wir beim Mietkauf die Anwärter auf ein Haus konzentrieren, damit ich es nachher vom Rest trennen kann. Aber in vielen Fällen ist es nicht so, weshalb wir uns mit dem Mietkauf dieselben Probleme geschaffen haben, vor allem, wenn die Anlagen ihrem technischen Ende zugehen. Teilweise kaufen wir die Wohnungen teurer zurück, wenn wir die Chance haben, alle in einem Gebäude zu kaufen.

Vogewosi-Chef: "Die Wohnungsnot ist nicht so groß"
Der Vogewosi-Chef ist überzeugt: “Aus meiner Sicht ist derzeit eine jährliche Bauleistung von 500 bis 600 Wohnungen ausreichend.” VN/Steurer

Manche Parteien fordern vor allem: Bauen, bauen, bauen. Ist es möglich und nötig? Wie viele braucht es?

Lorenz Aus meiner Sicht ist derzeit eine jährliche Bauleistung von 500 bis 600 Wohnungen ausreichend. Man kann damit den Wohnbedarf gut abdecken. Und die starke Nachfrage an Bauleistungen schlägt sich auf den Preis nieder. Angebot und Nachfrage regeln den Preis. Und wenn man in Vorarlberg baut, bieten nur Unternehmen aus Vorarlberg bei Ausschreibungen mit. Wir haben einen abgeschotteten Markt im Land Vorarlberg. Das heißt: Bei 11.000 Wohnungen würde die Nachfrage in Vorarlberg verstärkt und Bauen würde teurer werden. Wie bauen wir das? Wenn ein weiterer gemeinnütziger Bauträger kommt, nehme ich das natürlich zur Kenntnis. Aber damit steigere ich die Nachfrage noch weiter und es wird teurer. Wie finanziere ich das? Dieses Geld muss erst einmal zur Verfügung stehen. Das halte ich nicht für realistisch.

Muss in jeder Gemeinde eine gemeinnützige Wohnanlage stehen?

Lorenz Wir haben in den letzten zehn Jahren Anstrengungen unternommen, die Zahl der Standortgemeinden zu steigern. Die Vogewosi ist in 61 Gemeinden vertreten, insgesamt gibt es in 85 von 96 Gemeinden sozialen Wohnbau. Da ist vieles passiert. Nur: Stellen Sie sich vor, wir gehen in eine Gemeinde ins große Walsertal, der Bürgermeister möchte eine Anlage mit zehn Wohnungen. Das klingt nicht nach viel. Wir brauchen dafür aber permanenten Wohnbedarf. Sonst haben wir Leerstand und müssen die Wohnung selbst zahlen. Wir haben ja Darlehen offen.

Vogewosi-Chef: "Die Wohnungsnot ist nicht so groß"
Es sei nicht so einfach, in Kleingemeinden sozialen Wohnbau zu errichten, sagt Lorenz. VN/Steurer

Haben Sie Leerstand?

Lorenz Im Vergleich zu anderen in Österreich haben wir keinen strukturellen Leerstand. Aber für zehn Wohnungen in einer Randgemeinde muss ich entsprechende Nachfrage haben. Wir haben in Blons eine Anlage, in St. Gerold, in Warth, in Schröcken. Die sind belegt, aber punktuell gibt es immer wieder Wohnungen, die es nicht sind. Am Anfang war es nicht einfach. Und integrativen Wohnbau will nicht jede Gemeinde.

Die Bilanzsumme der Vogewosi beträgt fast eine Milliarde Euro. Wie groß kann die Vogewosi noch werden?

Lorenz Es gibt in Österreich wesentlich größere Player, aber im Land sind wir schon groß. Irgendwann muss man im Unternehmen die Strukturen anders machen. Wir sind eines der größten Einzelunternehmen im Bundesland Vorarlberg. Im Moment funktioniert es noch. Aber es wird der Verwaltungsbereich immer größer. Es wird schon mal ein Thema werden, dass man sich mal überlegt, wie man das Unternehmen nicht nur als eine Einheit laufen lässt oder über Töchter nachdenken muss. Dann macht die Verwaltung vielleicht eine Tochter des Unternehmens.

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