150 km/h!
Die Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP sind gescheitert. Nachdem man sich über Einsparungsnotwendigkeiten erstaunlich schnell einig war, verblüffte jedoch die Visionslosigkeit des sich abzeichnenden Programms. Dabei geht es nicht so sehr darum, wie „rechts“ die Vorhaben dieser möglichen Regierung gewesen wären. Zu den Spielregeln einer liberalen Demokratie gehört nun einmal, dass eine linke Regierung linke Politik und eine rechte Regierung rechte Politik betreibt. Wem das nicht recht ist, muss sich um ein anderes Wahlergebnis bemühen.
Was aber von jeder Regierung, sei sie links, rechts oder mittig angesiedelt, erwartet werden darf, ist die Erarbeitung eines Programms, das sich mit Zukunftsfragen der Gesellschaft befasst. Wer beispielsweise allen Ernstes eine Erhöhung der Maximalgeschwindigkeit auf Autobahnen auf 150 km/h in sein Regierungsprogramm aufnehmen will, stellt unter Beweis, dass er weder von der Realität auf den Autobahnen noch von den Bedürfnissen der Menschen eine Ahnung hat. Mit 150 km/h zu fahren scheitert in der Praxis nämlich daran, dass es wenige Strecken gibt, die für diese Geschwindigkeit überhaupt infrage kommen und wenn, dann sicher nicht im Früh- und Feierabendverkehr. Gerade wem ein guter Verkehrsfluss ein Anliegen ist, kümmert sich daher in erster Linie darum, den Individualverkehr auf Straßen zu reduzieren.
Ein zukunftsfähiges Regierungsprogramm würde auch, anders als aus den Verhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP verlautete, die in Österreich ohnehin besonders niedrigen Summen für die Entwicklungszusammenarbeit nicht kürzen, sondern erhöhen. Stattdessen machten sich begleitend zu den Verhandlungen in den „sozialen Medien“ Posts darüber lustig, dass die österreichische Agentur für Entwicklungszusammenarbeit etwa den Anbau von Bio-Cashews in Tansania mit 200.000 Euro fördert. Wer völlig zu Recht die Probleme der Migration in den Vordergrund rückt, sollte eigentlich wissen, dass illegale Migration am besten dadurch bekämpft wird, dass in den Herkunftsländern stabile und nachhaltige Strukturen aufgebaut werden. Wenn es sich um ein gut begleitetes und evaluiertes Projekt handelt, können die 200.000 Euro eine durchaus rentable Investition sein, weil dadurch Menschen davon abgehalten werden, in Europa ein besseres Leben zu suchen zu müssen.
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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