Johannes Huber

Kommentar

Johannes Huber

Kommentar: Korruption

Politik / 12.04.2025 • 07:15 Uhr

Wenn man von Korruption spricht, sollte man sich nicht an österreichischen Gesetzen orientieren. Sie sind zu lasch. Anderswo ist bei illegaler Parteienfinanzierung eine Gefängnisstrafe möglich. Hierzulande nicht, gilt sie als Kavaliersdelikt, obwohl es um etwas Schwerwiegendes geht: Im demokratischen Wettstreit, also im Ringen um Wählerstimmen, auf Regeln pfeifen und sich einen Verteil erschleichen. Das ist eine Form von Korruption.

Eine Form von Korruption ist auch Postenschacher. Es ist nicht verboten, dass die ÖVP von Bundeskanzler Christian Stocker ihrem Ex-Chef Karl Nehammer mit Hilfe der SPÖ eine Rutsche ins Direktorium des Europäischen Investitionsbank legt. Sie nützt aber ihre Stellung, um einem Mann von ihr zu einer nicht ganz unbedeutenden Funktion zu verhelfen, was längerfristig auch ihrem Netzwerk dient; und sie beschert ihm dabei Aussicht auf einen Job, bei dem er über 30.000 Euro brutto im Monat verdient: Bei alledem geht es um eigenen Nutzen. Einmal um den der Partei und einmal um den von Nehammer. Gesamtösterreichische Interessen folgen, wenn überhaupt, erst danach.

Auf ihrem Parteitag Ende März hat die ÖVP Nehammer ausdrücklich auch „Danke“ gesagt für alles, was er geleistet hat. Das ist nachvollziehbar: Seine Leistung bestand darin, für die ÖVP das Kanzleramt zu führen. Darüber hinaus jedoch hat er noch vor ein paar Monaten behauptet, dass die Steuerzahler kein Sparpaket erwarte, sondern dass es ein Wirtschaftswachstum richten werde. Es ist unglaublich, verhagelt seine Bilanz und disqualifiziert ihn für eine Investitionsbank.

Doch Schluss mit der ÖVP allein. Schaut man sich die schwarz-rot-pinke Regierungspolitik an, kann man sich immer wieder fragen, wessen Interessen sie dient. Natürlich: Vieles von dem, was unter Herbert Kickl (FPÖ) gedroht hätte, ist kein Thema; ein autoritäres System etwa, das EU-Austrittstendenzen befeuert.

„Nicht Kickl“ ist jedoch zu wenig. Es braucht mutige Schritte, ob bei Pensionen oder gerade jetzt bei Handelsabkommen wie Mercosur, oder wie auch immer man überzeugt ist, die Verhältnisse in Österreich zumindest auf dem gewohnten Niveau halten zu können.

Also: Wem dient die Politik? Allein der Zweifel, der durch Postenschacher wie jenem mit Nehammer genährt wird, ist verheerend. Er schwächt das Vertrauen in Regierende und ist damit auch ein demokratisches Problem.

Heißt umgekehrt: Wer Demokratie stärken will, weitet den Korruptionsbegriff aus, sieht für illegale Parteienfinanzierung selbstverständlich Haft vor und ignoriert nicht weiter Empfehlungen von „Greco“, der Staatengruppe des Europarates gegen Korruption.

An Österreich gerichtet fordert sie beispielsweise, dass Regierungsmitglieder ihre Vermögensverhältnisse offenlegen müssen; oder auch, dass sie nach Ausscheiden aus ihrem Amt für bestimmte Tätigkeiten eine Zeit lang gar nicht erst in Frage kommen: Das wären lauter Beiträge zu sauberen Verhältnissen, bei denen ein Fall Nehammer äußerst unwahrscheinlich wäre.

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