Johannes Huber

Kommentar

Johannes Huber

Kommentar: Wow

Politik / 09.05.2025 • 15:40 Uhr

Die Schuhe! Bei Leo XIV. ist man verleitet, auch aus kleinen Dingen abzuleiten, wie er es anlegen wird. Bei seiner ersten Messe als Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche hat er in der Sixtinischen Kapelle also nicht rote Schuhe getragen wie viele Päpste früher, sondern schlicht dunkle wie sein unmittelbarer Vorgänger Franziskus. Das bestätigt all jene, die hoffen, dass dessen Weg fortgesetzt wird.

Es wäre so wichtig für die Welt und für die Kirche. Das kann man auch dann feststellen, wenn man mit dieser nichts am Hut hat. Wenn man sich daran stößt, wie sie in den vergangenen Jahren mit Missbrauchsfällen umgegangen ist; oder wie männerdominiert sie noch immer ist, Frauen also nicht den Platz zugesteht, den sie in der Gesellschaft haben oder haben sollten.

Es ist eine Ironie der Geschichte, dass Robert Francis Prevost zwar der erste US-Bürger ist, der das Papstamt bekleidet, dass er aber so gar nicht zur „Make America Great Again“-Kampagne von Präsident Donald Trump passt. Im Gegenteil: „Er ist anti-Trump, anti-MAGA, ,pro open borders‘ (für offene Grenzen; Anm.) und ein totaler Marxist wie Papst Franziskus“, schimpft Laura Loomer, eine Vertraute des Präsidenten.

Stimmt schon: Trump findet hier keinen Verbündeten für seine Politik. Dass es sich um einen Landsmann handelt, ist umso schlimmer für ihn: Er kann sich nicht auf den Papst berufen, wenn er weiter Richtung Diktatur marschiert oder Menschen deportieren lässt. Das ist zumindest dazu angetan, es ihm bei all jenen schwerer zu machen, denen noch immer wichtig ist, was der Heilige Vater sagt.

Wie von Franziskus ist von Leo XIV. sogar Widerspruch zu erwarten. Trumps Vize JD Vance liege „falsch“, meinte er jüngst, noch als Kardinal, nachdem Vance christliche Nächstenliebe dahingehend umzudeuten versuchte, dass weiter entfernte Menschen weniger Anspruch darauf haben sollen: „Jesus fordert uns nicht auf, unsere Liebe zu anderen zu gewichten”, erwiderte er, der heutige Papst.

Es ist großartig: Leo XIV. dürfte wie Franziskus eine bedeutende Stimme gegen eine verbreitete Gleichgültigkeit werden, wenn es etwa um das Schicksal von Geflüchteten geht. Er stärkt das Humane in der Gesellschaft. Und er stärkt eine nicht zuletzt in Österreich schwächelnde Kirche, selbstbewusst aufzutreten, wenn sich Politiker anmaßen, Glaubensfragen für ihre Zwecke zu missbrauchen. Ob es um Nikolausfeiern oder das Kreuz in Klassenzimmern geht.

Wichtig auch: Jesuitenpater Georg Sporschill hat in den VN unlängst auf die Synodalisierung der Kirche hingewiesen, die Franziskus eingeleitet hat. Dass ist ein Prozess, bei dem es darum geht, dass nicht mehr der Papst allein von oben herab bestimmt, sondern es zu einer Entscheidungsfindung möglichst vieler kommt. Dabei sind alle relevant, und von allen hat auch Leo XIV. in seiner ersten Rede gesprochen.

Diese Synodalisierung könnte also weitergehen. Es wäre eine Art Demokratisierung, die zu Dynamiken und vielleicht auch Dingen führt, von der sie noch weit entfernt ist. Inklusive Frauenweihe.

Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.