Johannes Huber

Kommentar

Johannes Huber

Kommentar: Widersprüche

Politik / 16.05.2025 • 13:03 Uhr

Ein Budget sei in Zahlen gegossene Politik, heißt es. Man könnte auch von Widersprüchen reden: Nach Maßgabe ihrer Möglichkeiten müssten alle ihren Beitrag leisten, beteuern Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) und andere Regierungsmitglieder etwa. Wenn dem so wäre, müsste es Parteien furchtbar schlecht gehen, während Familien im Geld schwimmen. In Wirklichkeit ist es ganz anders: Parteien geht’s gut, doch die Förderungen, die an sie fließen, sollen nun trotzdem nur im kommenden Jahr nicht an die Inflation angepasst werden. Von einer nominellen Kürzung ist sowieso keine Rede. Familien hingegen, von denen überdurchschnittlich viele armutsgefährdet sind, wird neben der Abschaffung des Klimabonus eine Nichtanpassung von Beihilfen 2026 und 2027 zugemutet. Das muss man sich erst einmal trauen.

Anderes Beispiel: Zumindest Konservative erklären seit Jahr und Tag, Leistung müsse sich lohnen. In Wirklichkeit steigt die Steuer- und Abgabenquote gemessen an der Wirtschaftsleistung jedoch und erreicht nun mit über 45 Prozent ein historisch hohes Niveau. Ja, es gibt keine Aussicht auf eine Senkung, was möglicherweise der wahre Grund für die Krise der ÖVP ist: Sie kann nicht liefern, was sie verspricht.

Hier soll vor allem aber ein anderer Widerspruch behandelt werden: Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser dürfe sich Hoffnungen machen, hieß es diese Woche. Er, der im Zusammenhang mit einer Korruptionsaffäre gerade rechtskräftig zu vier Jahren Haft verurteilt worden ist, könnte kaum einsitzen müssen. Geplant ist nämlich, für bis zu zwei Jahre die Fußfessel zu ermöglichen.

Nun ist es nicht so, dass das wegen Grasser gemacht wird. Vorgesehen ist die Maßnahme vielmehr im Rahmen der Budgetsanierung. Sie soll ausdrücklich zu einer Entlastung des Strafvollzugs beitragen. Das muss auch die Freude all jener trüben, die einen Schritt hin zu einem moderneren Vollzug mit einem stärkeren Fokus auf Resozialisierung sehen: Das ist nicht der Grund für die Änderung, die im Übrigen auch einer politischen Tendenz hin zu (wieder) mehr Härte widerspricht.

Siehe Debatte über die Herabsetzung der Strafmündigkeit für Kinder und Jugendliche. Bei einer solchen könnte man sich die Schweiz insofern zum Vorbild nehmen, als es dort darum geht, ab 10-Jährige, die auf die schiefe Bahn geraten sind, über die Strafmündigkeit besser mit erzieherischen Maßnahmen erreichen zu können. Im Zentrum steht gerade nicht das Ziel, sie ein- oder wegzusperren. Das ist im Wahlkampf hierzulande jedoch vollkommen ignoriert worden. Die FPÖ, aber auch die ÖVP, taten da so, als müsse auch Kinder allenfalls „die volle Härte des Rechtsstaates“ treffen. Was nur Haft bedeuten kann.

Wobei man aus heutiger Sicht hinzufügen könnte, dass das vereinzelt vielleicht auch nur nach Maßgabe der budgetären Möglichkeiten gemeint war. Einerseits mehr Fußfesseln für erwachsene Straftäter und andererseits mehr Härte gegenüber Kindern, das passt jedenfalls nicht zusammen.

Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.