Wie Waffenverbote mit Mord- und Suizidraten zusammenhängen

Mit der Zahl der Waffen sinkt die Zahl der Morde und Suizide. Australien zeigte es vor.
Schwarzach, Wien Die Tat erschüttert ganz Österreich und die Menschen darüber hinaus: Ein 21-Jähriger erschoss am Dienstag in seiner ehemaligen Schule in Graz zehn Menschen und sich selbst. Die zwei Tatwaffen hat er sich gekauft, ganz legal. Keine Ausnahme: Die Zahl der Waffenbesitzer steigt – auch in Vorarlberg. Und das, obwohl die Wissenschaft längst belegt, dass mit der Zahl der Waffen auch die Zahl er Morde und Suizide steigt.
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Australien, 28. April 1996. Ein 28-Jähriger läuft Amok und erschießt in einem Café mit einem halb automatischen Gewehr 35 Menschen. Australiens Waffengesetze sind zu diesem Zeitpunkt ähnlich lax wie jene in den USA. Doch der Politik reicht es. Zehn Tage braucht die Regierung, um halb automatische Gewehre zu verbieten und den Waffenbesitz insgesamt massiv zu erschweren. Die Waffenlobby tobt, die Regierung bleibt dabei und kauft 650.000 Australierinnen und Australier ihre Waffen ab. Viele geben sie auch freiwillig her – die Waffen werden verschrottet. Der Erfolg stellt sich sofort ein: Die Zahl der Schusswaffen-Toten hat sich halbiert.
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In Österreich steigt hingegen die Zahl der Waffen und der Waffenbesitzer. Waren im Jahr 2019 noch rund eine Million Waffen inklusive Zubehör und große Magazine im Umlauf, sind es heuer 1,5 Millionen. Das erklärt das Innenministerium auf VN-Anfrage. In Vorarlberg ist die Zahl noch stärker angestiegen. 2019 gab es 27.749 registrierte Waffen im Land, 2025 waren es 42.222 Waffen. Die Zahl der Waffenbesitzer ist ebenfalls gewachsen, wenn auch nicht in diesem Ausmaß. Im Jahr 2019 besaßen 9055 Vorarlbergerinnen und Vorarlberger eine Waffe, heuer sind es 11.710 Personen im Land. Österreichweit stieg die Zahl der Besitzerinnen und Besitzer von 308.000 im Jahr 2019 auf heuer 370.000.
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Einer davon war der 21-jährige Grazer. Er hätte die Waffen aber nicht mit sich führen dürfen, sagte der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, am Abend in der ZiB2. Die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr erneuerte daraufhin ihre Forderung nach einem Waffenverbot für Privatpersonen.” Das könnte sich auch auf Mord- und Suizidraten auswirken, erläutert Universitätsprofessor Paul Plener, Klinikvorstand an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Medizinischen Universität Wien im VN-Gespräch: “Es gibt eigentlich schon Tausende Studien zu diesem Thema. In der Wissenschaft ist es fast schon ein alter Hut, dass die Verfügbarkeit von Waffen mit der Zahl von Homiziden und Suiziden zusammenhängt.” Ganz aktuell sei wieder eine umfassende Arbeit erschienen, die sich alle viele Studien angesehen hat. “Da sieht man erneut einen signifikanten Zusammenhang.”
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Diesen Zusammenhang zeigt etwa eine Studie der MedUni aus dem Jahr 2018. 1997 führte Österreich strengere Gesetze für den Waffenbesitz ein, was die Zahl der Neuzulassungen sinken ließ. Die MedUni beschreibt: “Kamen zum Beispiel um 1998 auf 100.000 Einwohner 3,7 Waffensuizide, so fiel dieser Wert bis 2008 kontinuierlich und deutlich auf 2,4 pro 100.000 Einwohner.” Seit der Wirtschaftskrise 2008 hat sich die Zahl wieder etwas erhöht.
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Plener sieht Österreichs Waffengesetz irgendwo in der Mitte angesiedelt. “Wir haben Gott sei Dank einige Kontrollmechanismen.” Trotzdem lasse die Literatur vermuten: “Wenn wir noch strenger werden, könnte es zu einer weiteren Reduktion kommen.” In den USA könne man gut erkennen, welche Gesetze wirken, weil Bundesstaaten unterschiedliche Waffengesetze haben. “Da sehen wir, dass vor allem Backgroundchecks und Munitionskontrolle Sinn machen”, betont Plener.