Kommentar: Konzeptlos, aber bemüht
Die budgetären Probleme des Landes sind etwas, mit dem die Bevölkerung in Vorarlberg bislang noch keine Erfahrungen machen musste. Aber die Zeiten haben sich geändert: Vorarlberg hat ein erhebliches Ausgabenproblem. Die Kosten im Bereich Soziales, Gesundheit, Bildung und Infrastruktur scheinen aus dem Ruder zu laufen. Das klang noch vor nicht einem Jahr ganz anders. Noch im November 2024 lobte das Land sein Budget und die hohen Investitionen zur Bekämpfung der Rezession. Besonders hervorgehoben wurden die Bedeutung der Wohnbauförderung, die höheren Mittel für Bildung und Familienförderung sowie für den Sozialfonds. Jetzt scheint aber doch so einiges aus dem Ruder zu laufen. Dass die von den Arbeitnehmern geleisteten Wohnbauförderungsbeiträge jetzt noch stärker als geplant zur Defizitabdeckung und nicht zur Förderung der Wohnbautätigkeit eingesetzt werden, ist völlig inakzeptabel. Da sind sich ausnahmsweise einmal die Bauwirtschaft und die Arbeiterkammer völlig einig. Gleich aber auch die Zuwendungen an den Vorarlberger Betreuungspool so zu kürzen, dass dieser seine Pforten offenbar schließen muss, wirft wahrlich kein gutes Licht auf die Entscheidungsträger im Lande.
Gerade in der Altenpflege bzw. -betreuung, eine der ganz wichtigen Herausforderungen für viele Familien, wird dieser seriöse Anbieter fehlen. Die Betreuung von Angehörigen zu Hause bleibt eine Baustelle, die von der zuständigen Landesrätin weitgehend negiert wurde. Selbst in der an sich konservativen und penibel kalkulierenden Schweiz wird intensiv an der Einbindung und Anstellung der pflegenden Angehörigen in diese wichtige Aufgabe gearbeitet, während in Vorarlberg – wohl aus ideologischen Gründen – alle diesbezüglichen Vorschläge vom Tisch gewischt wurden. Offenbar wollte man die Familien bei diesem Thema nicht ernsthaft unterstützen. Jetzt aber daran mitzuwirken, dass mit dem Betreuungspool ein nicht gewinnorientierter Anbieter vom Markt verschwindet, ist falsch und unsozial. Man muss gar keine Vergleiche mit anderen vom Land hoch subventionierten Maßnahmen herstellen, um zu sehen, dass hier jegliche Verhältnismäßigkeit außer Acht gelassen wird.
Zum Glück wird wenigstens mehr als bisher in die Elementarpädagogik investiert. Grund dafür ist sicher, dass jetzt auch die Wirtschaftsvertreter erkannt haben, wie wichtig eine gute frühkindliche Bildung- Betreuung ist. Deshalb ist dieses vom Land deutlich höhere Budget zur Qualitätsverbesserung der Elementarpädagogik in den Gemeinden wohl möglich geworden. Das ist gut so, wäre aber schon in den Jahren ohne Fachkräftemangel in Vorarlberg notwendig gewesen. Insbesondere um Frauen ein wenig mehr an Chancengleichheit am Arbeitsmarkt zu bieten, ganz abgesehen von den positiven Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder.
Rainer Keckeis ist ehemaliger AK-Direktor Vorarlberg und früherer Feldkircher VP-Stadtrat.
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