Kommentar: Zum Augenarzt bitte!
Wer erinnert sich nicht an den legendären Spruch unseres Landeshauptmannes, dass er auch mit der Lupe keinen Fehler bei der Zentralisierung der Krankenkasse der Arbeitnehmer – der ehemaligen Gebietskrankenkasse – finden könne? Inzwischen dürfte er das anders sehen. Zugegeben: hinten nach zu sagen, was falsch gelaufen ist, ist keine große Kunst. Aber LH Wallner war schon damals sehr wohl umfassend über schwerwiegende Bedenken gegenüber dem Reformpapier der Regierung Kurz informiert worden. Warum er entgegen dieser – wie wir heute wissen – sehr begründeten Argumente, nicht von seiner unbedingten Unterstützung für Kurz abgerückt ist, bleibt sein Geheimnis.
Tatsache ist und bleibt aber auch, dass mit der Reform der Krankenkasse eine historische Chance verpasst wurde. Statt die GKK’s zu Länder-Versicherungen für alle Einwohner mit einheitlichen Beitragssätzen auszubauen, ging es der damaligen schwarz-blauen Regierung ausschließlich darum, den Unternehmern mehr Macht in der Versicherung der Arbeitnehmer einzuräumen und die Kompetenzen der Selbstverwaltung abzuräumen. Begründet wurde das mit der Notwendigkeit, einheitliche Leistungsstandards schaffen zu wollen. Natürlich nicht zwischen den verschiedenen Berufsgruppen, sondern nur bei den Arbeitnehmern. So bleiben beispielsweise die geradezu paradiesischen Zustände in den Kranken- und Fürsorgekassen für bestimmte öffentlich Bedienstete und Politiker auf Kosten aller Steuerzahler aufrecht. Und natürlich sind die angekündigten Kostensenkungen durch die Zentralisierung nicht eingetreten. Im Gegenteil: es wurden sogar mehr Dienstposten geschaffen – diese halt überwiegend nur mehr in Wien. Die neu eingeführte Matrix-Organisation in der ÖGK hat mehr Chaos als Lösung bewirkt und wird wohl in absehbarer Zeit wieder eingestampft. Das alles kostet den Versicherten viel Geld und zudem wächst der Frust über eine gefühlte Verschlechterung der medizinischen Versorgung. Die Patienten differenzieren schließlich nicht, wer für was zuständig ist, sondern was sie am Ende des Tages an Leistungen erhalten.
Die damalige schwarz/blaue Regierung hat mit dem ziemlich stümperhaft vergeigten Reformschritt die Notwendigkeit der Finanzierung der gesamten Gesundheitspolitik aus einer Hand drastisch erhöht. Doch genau das wollen die gleichen Landeshauptleute, die vorher so gar nichts gegen den Zentralismus hatten, überhaupt nicht. Denn damit würde ihre Zuständigkeit für die stationäre medizinische Versorgung in die Kompetenz des Bundes fallen. Egal, wie man es dreht und wendet: die Forderung der Arbeiterkammer und der Ärztekammer nach der Schaffung von jeweils einer Kasse für jedes Bundesland mit einer starken Selbstverwaltung wäre sicherlich die weitaus bessere Lösung für die Versicherten gewesen.
Rainer Keckeis ist ehemaliger AK-Direktor Vorarlberg und früherer Feldkircher VP-Stadtrat.
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