VN-Sommergespräch: “Wir müssen auch das Potenzial von Flüchtlingen sehen”

FPÖ-Chef Christof Bitschi und Helmut Eiter von FairAsyl sprechen über Integration und Flucht.
Magdalena Raos
Schwarzach Flucht und Asyl sind die Kernthemen der FPÖ. Gerade in diesem Bereich stellen die Blauen immer wieder Forderungen auf und sparen nicht mit Kritik an den anderen Parteien. Landestatthalter Christof Bitschi von der FPÖ und Helmut Eiter von der Initiative Fair Asyl diskutierten im Rahmen der VN-Sommergespräche.
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Herr Eiter, was macht Fair Asyl genau?
Eiter Fair Asyl hat sich aus der Flüchtlingsarbeit in Batschuns entwickelt. 2012 hat das Werk der Frohbotschaft seine Unterkunft bzw. sein Gründungshaus dafür zur Verfügung gestellt und Asylsuchende aufgenommen. Hinzu kam eine Nachbarschaftsinitiative. Denn es gab damals sehr viele Vorbehalte und wir wollten die Leute mitnehmen.
Herr Bitschi, wer hat aus Ihrer Sicht Schutz in Österreich verdient?
Bitschi Wenn man sich die letzten Jahre anschaut, vor allem die Fluchtbewegung seit 2015, mit den zusätzlichen Herausforderungen durch die Situation in der Ukraine, dann hat Österreich eine riesengroße Last getragen. Wir können nur eine gewisse Anzahl an Personen auch integrieren. Ich bin froh, dass wir als eine der ersten Maßnahmen den Vorarlberg-Kodex mit Sanktionsmaßnahmen umgesetzt haben.
Wie geht es den Menschen, die geflüchtet sind, bei uns?
Eiter Es wird den Flüchtlingen eigentlich sehr viel angeboten. Es gibt aber Luft nach oben. Vor allem der Kontakt mit der Bevölkerung muss intensiviert werden. Wir haben etwa Flüchtlinge in Sportgemeinschaften integriert, zum Beispiel in Zwischenwasser. Das schafft ein ganz anderes Verhältnis zur Bevölkerung.
Tut Vorarlberg genug, damit die Menschen gut ankommen können?
Bitschi Es gibt in Vorarlberg ein großes Angebot an Deutschkursen, an Integrationsmaßnahmen. Ich sehe es in erster Linie schon als Bringschuld, wenn man in unser Land kommt, hier Schutz und Hilfe bekommt und ganz hohe Standards genießt, diese Chance auch zu nutzen. Asyl ist Schutz auf Zeit. Darum muss nach einer gewissen Zeit darüber nachgedacht werden, ob es diesen Schutzgrund noch gibt oder der Flüchtling zurück muss.

Philipp Steurer
Der Bürgermeister von Bludesch möchte das Flüchtlingsheim in Gaisbühel nicht mehr. Das Land sagt, es muss bleiben. Wie ist jetzt die Gesprächsbasis?
Bitschi Wir haben in der Regierung die Entscheidung getroffen, dass Gaisbühel offen bleiben soll, weil es der bessere Standort ist. Nenzing soll geschlossen werden. Wir wissen nicht, wann die nächste Fluchtbewegung auf uns zukommt. Als Land sind wir nur der Umsetzer vom Bund.
Die Asylanträge sind stark zurückgegangen. Ihre Partei kritisiert trotzdem, die Asylpolitik der Bundesregierung sei zu locker.
Bitschi Global sind die Fluchtbewegungen auf einem Minimum. Sollte sich das ändern, glaube ich nicht, dass wir aktuell besser vorbereitet sind als vor zehn Jahren. Nach 2015 wurde über sichere EU-Außengrenzen gesprochen. Auf europäischer Ebene hat sich nichts entwickelt. Es ist keine einfache Diskussion, weil es im Asylbereich nicht um irgendwelche langweiligen Zahlen geht, sondern um Menschen. Uns ist wichtig, den Zustrom einzudämmen, damit wir als Bundesländer die Gelegenheit haben, die Menschen im Land ordentlich zu integrieren.

Herbert Kickl würde gar keine Asylanträge mehr annehmen. Herr Eiter, wie geht es Ihnen mit solchen Aussagen?
Eiter Das widerstrebt mir. Wir können uns nicht abschotten. Und wenn wir uns die Bevölkerungsstruktur in Österreich und Europa anschauen, dann brauchen wir junge Leute. Ich denke, wir müssen auch das Potenzial von Flüchtlingen sehen.
Bitschi Uns hat man ja 2015 erklärt, dass das die Fachkräfte der Zukunft sein werden. Wenn wir uns die aktuellen Zahlen anschauen, dann stimmt das nicht. Da hat die Zuwanderung, in großen Teilen, ins Sozialsystem stattgefunden.
Eiter Wir haben wahrscheinlich auch zu wenig getan, um diese Menschen gut zu integrieren und ihnen eine Ausbildung zu ermöglichen. Dass das geht, weiß ich, weil ich mehrere Menschen aus Afghanistan, aus Pakistan kenne, die hier ihre Lehre abgeschlossen haben. Dass das nicht bei jedem funktioniert, das ist mir schon klar. Aber das Potenzial ist sehr viel größer, als wir gemeinhin kommunizieren.
Sie haben in der Vergangenheit eine Festung Österreich gefordert. Stehen Sie – nun in der Regierung – weiterhin zu dieser Aussage?
Bitschi Die Zuwanderung ins Sozialsystem muss unattraktiver werden. Man darf sich im Land nicht wundern, dass ein Stimmungsbild entsteht, dass Menschen sagen: ‘Wir arbeiten jeden Tag hart, haben aber nicht viel mehr in der Tasche als jene Menschen, die in der Sozialhilfe sind.’ Es braucht Anpassungen auf Bundesebene.

Sollte die Sozialhilfe wieder bundesweit einheitlich sein?
Bitschi Es kommt darauf an, wie die Sozialhilfe dann ausgestattet wird. Wenn es bundeseinheitlich auf Wiener Niveau ist, ist es schlecht.
Müsste Vorarlberg nachschärfen?
Bitschi Wir haben eine sehr restriktive Sozialhilfe im Land. Wir werden die nächsten Wochen aber sicher noch im Detail darüber diskutieren. Wir reden über Sparpakete, es sollten sich auch alle Teile der Gesellschaft einbezogen fühlen.
Das Bundeskanzleramt hat beim Vorarlberg-Kodex Bedenken geäußert und auf die Menschenrechtskonvention verwiesen. Warum sind diese nicht ernst genommen worden?
Bitschi Ich vertraue den Verfassungsexperten in Vorarlberg. Da gibt es die klare Position, dass der Vorarlberg-Kodex in dieser Form hält. Darum haben wir ihn umgesetzt.
Es kann als Sanktion das Taschengeld von aktuell 40 Euro pro Person und Monat auf 20 Euro gekürzt werden. Wie gerecht ist das aus Ihrer Sicht?
Eiter Ich finde den Kodex in der Form nicht gut. Die Vereinbarung mit dem Land hat eigentlich ganz gut funktioniert. Und jetzt will man sanktionieren, wenn jemand nicht unterschreibt.
Bitschi Es wird sanktioniert, wenn man nicht in die Wertekurse geht, wenn man sich nicht integriert und sich nicht anpasst.
Eiter Aber das tun die Leute doch.
Bitschi Wenn man sich die Integrationsleistungen in Vorarlberg anschaut, dann funktioniert es in vielen Bereichen einfach nicht. Darum müssen wir diese Maßnahme ersetzen.

Die Menschen sollen durch den Kodex auch einer gemeinnützigen Arbeit nachgehen. Gibt es genügend Jobs?
Bitschi Wir müssen diese Angebote schaffen. Ich bin guter Dinge, dass Landesrat Daniel Allgäuer das umsetzen kann.