Nächstes Großquartier für Geflüchtete schließt

Nach der Tennishalle in Nenzing soll auch die Unterkunft in Gaschurn ihre Pforten schließen. Der Streit um Gaisbühel geht in die nächste Runde.
Gaschurn, Bludesch Das nächste Großquartier für geflüchtete Menschen in Vorarlberg schließt. Nachdem bekannt geworden ist, dass in der Tennishalle in Nenzing mit Jahresende Schluss ist, folgt Gaschurn. Das teilte der zuständige Landesrat Daniel Allgäuer (FPÖ) den VN mit. Somit gibt es bald nur noch zwei größere Quartiere im Land. Darunter ist jenes in Gaisbühel, über das heuer ein Streit zwischen Land und Gemeinde ausgebrochen ist. Bludesch hat nun den Gang zum Verfassungsgerichtshof in die Wege geleitet.
80 Menschen untergebracht
In Gaschurn sind aktuell 72 ukrainische Kriegsvertriebene in einem vormals leer stehenden Hotel untergebracht. Das private Unternehmen ORS betreut die Menschen. Allgäuer schildert, dass das Mietverhältnis mit Ende Jänner aufgekündigt wurde. Am 30. März könne das Quartier zurückgegeben werden. Die Kriegsvertriebenen sollen in kleineren Unterkünften der Caritas unterkommen. “Der Hauptgrund für die Schließung ist, dass wir mit sinkenden Zahlen zu tun haben”, sagt Allgäuer.

Weitere Großquartiere befinden sich im Schulbrüderheim in Feldkirch, wo derzeit 44 Personen untergebracht sind, und in der ehemaligen Lungenheilanstalt Gaisbühel. Das landeseigene Gebäude befindet sich auf der Gemeindegrenze zwischen Bludesch und Schlins. Dass Allgäuer diese Unterkunft weiterbetreiben möchte, sorgte in Bludesch für Ärger. Denn eigentlich war Bürgermeister Martin Konzet vom Gegenteil ausgegangen, dafür gab es auch eine Zusage des ehemaligen Asyllandesrates Christian Gantner (ÖVP), die VN berichteten. Allgäuer hatte aber andere Pläne, Gaisbühel bleibt. Aktuell befinden sich dort 65 Menschen.
Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.
Anders gewidmet
Von 2008 bis 2015 stand die ehemalige Lungenheilanstalt leer. Mit dem Höhepunkt der Fluchtbewegung vor zehn Jahren war dann aber der Bedarf nach größeren Unterkünften im Land groß, sodass der Landtag im Baugesetz Ausnahmen für Flüchtlingsquartiere beschloss. Seither leben in Gaisbühel Flüchtlinge. Das Grundstück jenes Gebäudeteils, das sich in Bludesch befindet, verfügt nicht über die nötige Widmung, daher waren immer wieder Ausnahmen nötig. Ende des Vorjahres liefen alle Ausnahmeregeln aus. Bludesch verweigerte sie daraufhin. Vor dem Sommer schuf der Landtag mit der Änderung des Baugesetzes Tatsachen: Ausnahmen sollen auch auf widmungsfremden Grundstücken gelten, eine Zustimmung der Gemeinde ist nicht nötig.
Somit ist das Quartier an dem Standort wieder rechtens. Es gibt aber ein Nachspiel. An der Bezirkshauptmannschaft Bludenz läuft ein Verwaltungsstrafverfahren. Dabei geht es um das erste Halbjahr. Die BH muss zunächst prüfen, wer als Beschuldigter infrage kommt. “Das Verfahren wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen”, sagt Bezirkshauptmann Harald Dreher.

Bludesch schaltet außerdem den Verfassungsgerichtshof ein. Die Beschwerde beim Höchstgericht ist fix, sagt Bürgermeister Konzet. Das habe der Gemeindevorstand beschlossen. Eine Anwaltskanzlei ist damit beauftragt. Aus Sicht der Kommune greift das Baugesetz in die Gemeindeautonomie ein. “Das betrifft nicht nur uns, sondern alle 96 Gemeinden”, betont der Bürgermeister. Große Chancen rechnet er sich zwar nicht aus. “Es ist für uns die letzte und einzige Möglichkeit, dagegen vorzugehen.” Landesrat Allgäuer will dazu noch nichts Näheres sagen. “Wir warten jetzt ab, was kommt.”

In Schlins ist die Ausgangslage etwas anders, erklärt Bürgermeister Wolfgang Lässer. Das Grundstück, welches sich in dieser Kommune befindet, verfüge über die entsprechende Widmung. Lässer kann sowohl seinen Bürgermeisterkollegen, als auch den Landesrat verstehen. “Die Situation verlangt Augenmaß: Wir müssen die Menschen im Quartier weiterhin gut betreuen und es ist wünschenswert, wenn die Gemeinden im Land solidarisch miteinander umgehen und die Verantwortung für die Unterbringung von Flüchtlingen gemeinsam tragen.” Eine gerechtere Verteilung der Unterkünfte auf die Kommunen würde zur Entlastung einzelner Standorte führen und ein Zeichen für Zusammenhalt und Menschlichkeit setzen, ist der Bürgermeister überzeugt.