Ruhiger Start in die Infofreiheit

Vorarlberg: Land und Gemeinden berichten von wenigen oder keinen Bürgeranfragen.
SCHWARZACH. Es ist Informationsfreiheit, sie will aber erst vollumfänglich gelebt werden: Anfang September ist sie an die Stelle des Amtsgeheimnisses getreten. Unter anderem Bund, Länder und Gemeinden mit mehr als 5000 Einwohnern müssen Informationen von allgemeinem Interesse von sich veröffentlichen. Darüber hinaus müssen alle Gebietskörperschaften Bürgern innerhalb von vier Wochen mitteilen, worum diese „schriftlich, mündlich oder telefonisch“ begehren. Wobei es Grenzen gibt: Informationen, durch die die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder das Recht auf Schutz personenbezogener Daten anderer verletzt werden würden, dürfen zum Beispiel nicht erteilt werden. Fremde Steuerakte etwa gibt’s nicht.

Eine erste Zwischenbilanz zeigt, dass in Vorarlberg erst wenige Bürgerinnen und Bürger ein Informationsbedürfnis haben, das sie befriedigt sehen wollen: „Wir haben bisher keine Anfrage“, sagt Markus Luger, der Bürgermeister von Stallehr. Bei der Gemeinde mit knapp 300 Einwohnern mag das nicht überraschen. Laut Luger habe sie schon bisher „sehr offen“ kommuniziert und lasse sich vieles persönlich klären. Überraschend ist eher, dass es auch aus der größten Gemeinde des Landes heißt: „Keine Bürgeranfragen bisher.“ Gemeint ist Dornbirn (52.000 Einwohner).

So ist es auch in Bludenz. In Hohenems hingegen gab es bisher vier Anfragen, in Bregenz sechs. Dabei ging es um die Höhe von Förderungen etwa, die Vereinen gewährt werden, kommunale Einnahmen in bestimmten Bereichen oder Angaben zu Bauvorhaben. In Hohenems wird der Verwaltungsaufwand seitens der Stadt als „überschaubar“ bezeichnet, in Bregenz teilt eine Sprecherin mit, dass „die Anfragebeantwortungen einen deutlichen Mehraufwand“ mit sich bringen würden.
Als das Informationsfreiheitsgesetz im Frühjahr 2021 im Werden war, warnte die Landesregierung – bei einem grundsätzlichen Bekenntnis zu Transparenz und Offenheit – vor einem „erheblichen Mehraufwand in Bezug auf Infrastruktur- und Personalkosten“. Heute ist man im Land entspannter und erklärt, dass man sich umfassend vorbereitet habe, um das Gesetz „korrekt und effizient“ umzusetzen.

Von Bürgern seien in den ersten 30 Tagen „mehrere“ Auskunftsbegehren gekommen, die allesamt beantwortet worden seien. Wie viele genau? Eine Zahl sei „schwer“ zu nennen, da die Anfragen von der jeweils zuständigen Abteilung dezentral bearbeitet werden würden.
Was könnte man zum Beispiel von einer Gemeinde wissen wollen? Markus Hametner vom „Forum Informationsfreiheit“ attestiert den Kommunen hierzulande zunächst, dass sie Gemeindevertretungsprotokolle offenbar schon durchgängig veröffentlichen würden. Ihm fällt aber noch mehr ein: Auf welcher Grundlage werden Wasser- oder Kanalgebühren festgelegt? Wie schaut es mit Wartezeiten und Vergaben in Bezug auf Kinderbetreuungsplätze aus?

Hametner hat die Umsetzung des Gesetzes österreichweit im Blick. Noch ist er vorsichtig. Einerseits würden viele Behörden von sich aus mehr veröffentlichen als früher. Andererseits gebe es auch „unschöne Sachen“. So weigere sich das Justizministerium, Anfragen, die per E-Mail einlangen, zu behandeln.
Vermisst werden von Hametner Informationsfreiheitsbeauftragte, wie es sie in Deutschland gibt. Sie könnten Bürger unterstützen: „Nicht jeder hat Spaß an bürokratischen Prozessen, und ich verstehe jeden, dem es zu mühsam ist, nachzuhaken bzw. ins Verfahren zu gehen, wenn er keine Auskunft erhält. Wenn man es nicht tut, entsteht jedoch kein Druck, damit sich da etwas verbessert.“