Einig im Ziel, Kritik am Weg der Abteilungszusammenlegungen in Dornbirn und Bregenz

Primar Michael Rhode spricht von leeren Metern auf dem Weg der Zusammenlegung. Man habe drei Jahre umsonst auf Dornbirn hingearbeitet.
Feldkirch Die Spitalsreform wird mit Neugeborenen diskutiert, mit Senioren argumentiert. Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher rechnet vor: “Im Jahr 2050 wird Vorarlberg rund 450.000 Einwohner zählen. Davon werden 27 Prozent über 65 Jahre alt sein, derzeit sind es 19 Prozent.” Ältere Menschen kosten in der Gesundheitsversorgung mehr. Gleichzeitig fehlen jüngere Fachkräfte. Landeshauptmann Markus Wallner ergänzt: “Wir haben Prognosen, dass sich die Gesundheitskosten in den nächsten 20 Jahren verdoppeln könnten.” Deshalb präsentierte die Landesregierung am Donnerstag 17 Änderungen in Vorarlbergs Spitalslandschaft – von denen eine seit Wochen für Diskussionen sorgt.

Die Geburtenstation aus Dornbirn wird mit der Bregenzer zusammengelegt – und zwar in der Landeshauptstadt. Dornbirn verliert damit auch die Gynäkologie und die Kinderabteilung. Umgekehrt wird die Abteilung Orthopädie und Traumatologie in Dornbirn zusammengelegt. Die komplette Reform soll noch heuer beschlossen werden. Für den Fächertausch zwischen Dornbirn und Bregenz geht es sofort weiter, sagt Rüscher. “2027 wollen wir den Bau umsetzen, 2028 tauschen die Abteilungen.”
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Seit drei Jahren wird auf diese Zusammenlegung hingearbeitet. Allerdings in Dornbirn, wie Michael Rhode, Primar der Gynäkologie und Geburtshilfe in beiden Häusern, bei der Pressekonferenz anmerkt. “Wir haben die Kapazitäten nach Dornbirn verschoben.” Der Unterschied im Volumen sei, abseits der Geburtshilfe, bereits groß. “Man hat sich für den schwierigeren Weg entschieden, den größeren Standort in den kleineren zu überführen.” Rhode spricht von unnötigen Metern, die in den vergangenen drei Jahren gemacht worden seien. Allerdings stelle niemand das Ziel infrage, nämlich ein gemeinsames Zentrum. In der Gynäkologie und der Pädiatrie seien die Fallzahlen der einzelnen Abteilungen zu gering. “Die Vorteile größerer Einheiten sind bekannt.”

Dieses Ziel verfolgt das Land in weiteren Abteilungen, betont Rüscher. “Bei der Urologie kommt es zu einer großen Verschiebung von Bregenz nach Feldkirch. Das wird eine richtig große Urologie in Vorarlberg mit sehr vielen Fähigkeiten und Leistungen, die wir heute noch nicht haben.” Die gesamte Akutneurologie wechselt zudem von Rankweil nach Feldkirch, sobald der Neubau abgeschlossen ist.
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In der Psychiatrie lautete zunächst der Plan, dass die Erwachsenen-Psychosomatik von Hohenems nach Rankweil wechselt. Dieser Plan ist in den Diskussionsrunden heuer aber wieder verworfen worden, berichtet die Landesrätin. In Rankweil soll es aber ebenfalls eine neue Psychosomatik geben, mit zehn Betten für Kinder und Jugendliche. Zudem wird es mit Maria Ebene Änderungen geben. “Was der Spitalsfonds finanziert, wird ab 2028 von der KHBG geführt”, sagt Rüscher. Das bedeutet: Die Hälfte der rund 80 Betten wandert nach Rankweil. “Da gibt es größere Umbrüche.” Was mit dem Rest passiert, wird noch diskutiert. Ihr schwebt eine Art Anton-Proksch-Institut für Vorarlberg vor, das müsse aber erst mit den Sozialversicherungsträgern besprochen werden.
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Die Dermatologie wird von Feldkirch nach Hohenems wechseln, wo die dermatologische Onkologie ausgebaut wird. Und: Kleinere ambulante Eingriffe in der Augenkunde sollen zukünftig auch in Bregenz möglich sein, womit die Augenheilkunde in Feldkirch entlastet werden soll.
Die Onkologie wechselt von Rankweil nach Feldkirch, es soll allerdings eine tagesklinische Versorgung im Unterland geben. “Wir werden mehrere Tageskliniken weiterführen oder ausbauen. Nicht jede Chemotherapie muss in Feldkirch stattfinden.”

Für die Anästhesie soll ein standortübergreifendes Konzept entwickelt werden. “Wir werden die drei Standorte Hohenems, Bregenz und Dornbirn zusammenführen, mit einem großen Personalrat und Rotationsmodellen.” Diese Abteilung soll voraussichtlich von Dornbirn aus geführt werden. “Das hängt dann aber tatsächlich von den Bewerbern ab”, sagt Rüscher.
Eine wichtige Neuerung ist auch die zentrale Notaufnahme, die geplant ist. “Da wird man in der Nacht aufgenommen, da sind auch Betten. Und am nächsten Tag wird entschieden, ob der Patient stationär aufgenommen und wo er hinkommen wird.” Dann braucht es nicht mehr jedes Mal in der Station Aufnahmen und Entlassungen, womit das Personal entlastet werde.
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Zudem plant das Land zwei Akutgeriatrien im Land. “Die Zahl der älteren Personen wächst”, führt die Landesrätin aus. “Sie brauchen länger für die Remobilisation, dazu kommen Erkrankungen wie Demenz. Dafür braucht es eine speziell ausgestattete Station. Wir planen derzeit eine Abteilung in Bludenz und eine in Dornbirn.”
Die Zusammenlegungen sollen die Qualität steigern, den Personalmangel bekämpfen und 10,9 Millionen Euro pro Jahr sparen. Allein der Umbau im Unterland soll laut Berater Johannes Hohenauer 6,7 Millionen Euro jährlich bringen – bei Investitionskosten von 12,5 Millionen Euro. Ganz andere Dimensionen bringt der Neubau in Feldkirch. Rüscher kann ihn noch nicht beziffern. Nur: “Da werden wir sicher im dreistelligen Millionenbereich liegen.” Vor 2032 oder 2033 ist er nicht fertig. Bis dahin werden schon viele Dornbirner Kinder in Bregenz auf die Welt gekommen sein.
Begriffserklärung
Die Pädiatrie ist die Medizin für Kinder und Jugendliche bis etwa zum 18. Lebensjahr.
Die Neonatologie ist ein Teilgebiet der Pädiatrie, das sich mit der Medizin der Neugeborenen befasst – insbesondere mit der Betreuung und Behandlung von Frühgeborenen, kranken oder untergewichtigen Babys in den ersten Lebenswochen.
Die Orthopädie ist die Medizin für Knochen, Gelenke und Beweglichkeit. Sie befasst sich sowohl mit der Vorbeugung und Diagnose als auch mit der Behandlung von Haltungsschäden, Arthrose, Rückenschmerzen oder Fehlstellungen.
Die Traumatologie ist ein Spezialbereich der Orthopädie und beschäftigt sich mit Verletzungen des Bewegungsapparates – also von Knochen, Gelenken, Muskeln, Sehnen und Bändern.
Die Urologie ist die Medizin für Harnwege und männliche Fortpflanzungsorgane.
Die Gynäkologie ist die Frauenheilkunde. Dazu gehört etwa auch die Schwangerschaftsbetreuung und Geburtshilfe.
Die Onkologie befasst sich mit Krebserkrankungen – also mit der Diagnose, Behandlung und Nachsorge von gutartigen und bösartigen Tumoren in allen Organen.
Die Akutgeriatrie ist die Notfall- und Akutversorgung für ältere Patientinnen und Patienten.
