Rechnungshof wühlte sich durch die Finanzen in Hard und Lauterach

Rechnungshofprüfung zeigt: Gemeinden müssen sparen. Lauterach sucht zwei Millionen im laufenden Budget.
Lauterach, Hard Die Zuständigkeiten der Rechnungshöfe sind getrennt. Für Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern ist der Landesrechnungshof zuständig. Gemeinden, die darüber liegen, fallen unter die Ägide des Bundesrechnungshofs. Vergangenes Jahr standen gleich zwei Vorarlberger Gemeinden im Fokus der Prüfer aus Wien: Hard und Lauterach. Mit teils harter Kritik, vor allem aber mit Wirkung: Beide Gemeinden haben ihre Sparbemühungen verschärft. Vor allem in Lauterach wird jeder Cent umgedreht.
Die Prüfer haben die beiden Vorarlberger Gemeinden aufgrund eines wenig schmeichelhaften Grundes ausgewählt: Die Schulden sind zwischen 2010 und 2023 stark gestiegen und im Österreichvergleich überdurchschnittlich hoch. Der Rechnungshof wollte deshalb wissen, wie sich die beiden Gemeinden ihre Finanzen wieder in den Griff bekommen. Er fand zwar Sparbemühungen, aber keinen mittelfristigen Plan. Diesen gibt es mittlerweile in beiden Kommunen. Auch sonst fanden die Prüfer größere und kleinere beanstandenswerte Aspekte. In Hard und Lauterach reagiert man unterschiedlich auf die Prüfung.

Lauterach und Hard sind beispielgebend für die Situation in vielen Gemeinden: Die Aufgaben und Ausgaben wachsen, was den Schuldenstand vergrößert. Viele Darlehen bringen wiederum hohe Zinszahlungen mit sich. “Die Auszahlungen für Zinsen betrugen im Jahr 2023 in beiden Marktgemeinden bereits mehr als eine halbe Million Euro”, rechnet der Rechnungshof in seinem Bericht vor. Das schränkt den Spielraum ein.
Die Prüfer widmeten sich diesen Darlehen ausführlich. Sie kritisierten etwa, dass die Gemeinde Hard vier Darlehen besicherte, was bei einem Ausfall etwa dazu führen könnte, dass Kanalgebühren an die Bank weitergeleitet werden müssten. Hard sagte zu, in Zukunft auf Besicherungen zu verzichten. In Lauterach stellte der Rechnungshof fest, dass Bürgermeister Elmar Rhomberg früher auch Aufsichtsratsvorsitzender der Raiffeisenbank Bodensee-Leiblachtal war und zu dieser Zeit die Bank auch Angebote für Darlehen abgab und Zuschläge erhielt. Die Gemeindevertretung solle sich in solchen Fällen damit auseinandersetzen, ob eine Befangenheit vorliegen könnte. Die Gemeinde betonte, dass dies bereits der Fall sei.

Der Rechnungshof nahm sich die Jahre bis 2023 vor, mittlerweile hat sich die finanzielle Situation in den Gemeinden noch einmal stark verschlechtert. In Lauterach wird deshalb kräftig gespart, sagt Bürgermeister Elmar Rhomberg im VN-Gespräch. Mit einer externen Agentur wurde ein Konsolidierungsprozess erstellt. Zwei Millionen Euro will man im kommenden Jahr an laufenden Ausgaben einsparen, ab dem Jahr 2028 sollen es drei Millionen sein. Da wird jeder Cent umgedreht: 9000 Euro Ausgaben für die Mobilitätsförderung der Mitarbeiter, die vom Auto umsteigen, müssen gestrichen werden, auch die Aktion Jobrad wird ausgesetzt. “Alle in der Gemeinde tragen die Maßnahmen mit, die Mitarbeiter und die Opposition”, betont Rhomberg. Auch Infrastrukturprojekte sind betroffen: Die Zentrumsentwicklung muss warten, die Neugestaltung der Achkreuzung ebenfalls. “Wir haben ein Kinderhaus geplant, das 4,5 Millionen Euro kostet. Dann waren wir völlig überrascht, dass die Förderung zwischen 300.000 und 500.000 Euro beträgt. Jetzt muss ich einfach erkennen: Das geht sich nicht aus. Wir schieben das Projekt einmal auf ein Jahr.”

In Hard hält Bürgermeister Martin Staudinger fest, dass man durch den Bericht nun gut erkennen könne, was vor seiner Amtszeit passiert sei und was danach. In der Vergangenheit seien viele hohe Investitionen getätigt worden, wie die Schulen und der Spannrahmen. Der Investitionsdruck sei aber immer noch hoch. “Wir werden nun alle nötigen und gewünschten Investitionen zusammentragen und in der Gemeinde über jede einzelne sprechen müssen”, sagt Staudinger. Er möchte sich nicht in die Reihe der Schwarzmaler einreihen. “Die einen sagen, es ist ganz dramatisch, die anderen sind total positiv. Man muss irgendwie in der Mitte sein. Die Situation ist eben, wie sie ist. Und damit müssen wir arbeiten.” Er halte auch nichts davon, nach mehr Geld von Land oder Bund zu schreien – schließlich sei am Ende alles Steuergeld der Bürger. “Im Grunde geht es jetzt darum, darauf zu achten, dass die Ausgaben nicht weiter steigen, sondern stabil bleiben. Dann habe ich schon ein relativ gutes Budget”, ist der Bürgermeister überzeugt.
Insgesamt 30 Empfehlungen gab der Rechnungshof ab. In einigen Jahren wird er sich ansehen, ob sie umgesetzt wurden.
Die Empfehlungen an beide Gemeinden
01 Um Ungleichbehandlungen zu vermeiden, wären transparente und nachvollziehbare Kriterien festzulegen, unter welchen Bedingungen Haftungen für Dritte (z. B. Vereine) übernommen werden können. Weiters sollten Haftungsentgelte für die übernommenen Haftungen in Rechnung gestellt werden.
02 Auf die von der Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung 2015 vorgesehene Unterscheidung zwischen operativer und investiver Gebarung sowie Geldflüssen aus der Finanzierungstätigkeit wäre zu achten, um die Vergleichbarkeit von Gemeindehaushaltsdaten zu gewährleisten.
03 In der vergleichenden Übersicht, die der Gemeindevertretung als Diskussions- und Entscheidungsgrundlage für die Darlehensaufnahme zur Verfügung gestellt wird, sollte auf korrekte und vollständige Informationen geachtet werden.
04 Maßnahmen zur Eindämmung der Neuverschuldung sollten zeitnah ergriffen werden.
05 Die mittelfristige Finanzplanung wäre aussagekräftig zu gestalten.
06 Konzepte und Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung wären auch der Gemeindevertretung zum Beschluss vorzulegen.
07 Der Prozess für einen regelmäßigen Austausch zwischen der politischen und der administrativen Ebene zu finanziellen Themen sollte institutionalisiert werden.
08 Bei der Erstellung einer finanziellen oder wirtschaftlichen Gesamtstrategie für die Marktgemeinde sollten auch ihre finanziellen Grundsätze und ein Bekenntnis zu einem langfristig ausgeglichenen Haushalt aufgenommen werden.
09 Kurz-, mittel- und langfristige Ziele für den Konsolidierungsprozess wären schriftlich festzulegen. Die Ziele sollten möglichst konkret formuliert sein, sowohl sachliche als auch quantifizierbare Ziele umfassen und den angestrebten Zeitpunkt (bzw. Zeitraum) der Zielerreichung enthalten.
10 Ein Haushaltskonsolidierungskonzept sollte erstellt werden. Dieses sollte die Prinzipien der Haushaltsführung, (quantifizierbare) mittel- und langfristige Ziele sowie – darauf aufbauend – die umzusetzenden Maßnahmen enthalten. Da es sich um ein mehrjähriges Planungsdokument handelt, wäre ein Beschluss durch die Gemeindevertretung im Sinne einer politischen Selbstverpflichtung zur Umsetzung von Konsolidierungsmaßnahmen herbeizuführen.
11 Weitere Maßnahmen zur Reduktion der operativen Auszahlungen wären gezielt zu prüfen und umzusetzen, um strukturelle Einsparungen zu erreichen.
12 Die Einsparungsmaßnahmen sollten quantifiziert und dokumentiert werden.
13 Die Möglichkeit weiterer einnahmenseitiger Maßnahmen wäre zu prüfen, da auch diese strukturell zu einer Verbesserung der Gemeindefinanzen beitragen können.
14 Die Finanzierungsstruktur der Marktgemeinden sollte laufend geprüft und eine Optimierung angestrebt werden. Allfällige Maßnahmen sollten jedenfalls auch Darlehen von Beteiligungen und Verbänden umfassen, für die die Marktgemeinden Hard und Lauterach Haftungen übernahmen.
15 Die Möglichkeiten von tatsächlichen Kostenreduktionen bei laufenden Investitionsprojekten wären zu prüfen.
16 Vermehrte Anstrengungen zur Reform der Aufgabenerbringung sollten unternommen werden. Hierzu eignet sich insbesondere ein formeller Aufgabenkritikprozess zur Aktualisierung und Optimierung der Aufgabenerbringung durch die Marktgemeinde.
17 Die wesentlichen Prozesse wären im Hinblick auf Optimierungen und Verwaltungsreformen zu analysieren, um daraus weitere Einsparungsmöglichkeiten generieren zu können.
18 Die Potenziale für interkommunale Zusammenarbeit sollten weiterhin ausgelotet werden; diesbezügliche Initiativen sollten gesetzt werden.
19 Um die Erreichung der kurz-, mittel- und langfristigen Ziele für den Konsolidierungsprozess beurteilen und den Konsolidierungsprozess begleiten zu können, wäre ein Monitoring einzurichten.
Empfehlungen für Hard
20 Von einer Besicherung von Darlehen wäre abzusehen, da mit einer Besicherung ein finanzielles Risiko für den Gemeindehaushalt verbunden ist.
21 Zinsaufwand sollte im Jahr seiner Entstehung abgegrenzt werden.
22 Im Rahmen des Darlehensaufnahmeprozesses sollten in Empfehlungen des Finanzausschusses an die Gemeindevertretung die finanziellen Auswirkungen im Vergleich zum günstigsten Angebot auf die gesamte Laufzeit des Darlehens angeführt werden, um den Gemeindegremien eine vollständige Entscheidungsgrundlage zur Verfügung zu stellen.
23 Es wäre zumindest jährlich zu beurteilen, ob die Darlehen gegenüber der Harder Sport- und Freizeitanlagen BetriebsgesmbH werthaltig sind; gegebenenfalls wären sie zu berichtigen.
24 Auf Basis des für die Harder Sport- und Freizeitanlagen BetriebsgesmbH beschlossenen Konsolidierungsauftrags wären quantifizierbare Ziele und konkrete Maßnahmen festzulegen; deren Umsetzung wäre mit einem geeigneten Monitoring zu kontrollieren.
Empfehlungen für Lauterach
25 Die Zinsauszahlungen sollten reduziert bzw. an das Niveau der Vorarlberger Vergleichsgemeinden angenähert werden.
26 Maßnahmen wären zu setzen, um dem Risiko entgegenzuwirken, dass die volle Unbefangenheit von Personen in Zweifel gezogen wird. Gegebenenfalls sollte sich der Bürgermeister in den betreffenden Angelegenheiten von seiner Stellvertretung vertreten lassen.
27 Es wäre zu prüfen, ob die Beteiligungsstruktur den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit entspricht. Insbesondere sollten redundante Strukturen vermieden und das Potenzial von Kosteneinsparungen untersucht werden.
28 Die Marktgemeinde Lauterach sollte sich klar zu einer Konsolidierung des Gemeindehaushalts bekennen, z.B. in Form eines Haushaltskonsolidierungskonzepts.
29 Bei Beteiligungen und Verbänden sollten Reorganisationen und Konsolidierungspotenziale geprüft und gegebenenfalls umgesetzt werden.
30 Die Bürgerinnen und Bürger wären über geplante Konsolidierungsschritte und konkrete Einsparungsmaßnahmen regelmäßig zu informieren.