Alle Länder in den roten Zahlen

Politik / 26.11.2025 • 15:18 Uhr
Alle Länder in den roten Zahlen
Vorarlberger Landtag: Viel niedriger wird der Nettofinanzierungssaldo pro Kopf im kommenden Jahr in Oberösterreich sein, viel höher in Wien. Foto: VN/Paulitsch

Defizit: Vorarlberg mit voraussichtlich 520 Euro pro Kopf im kommenden Jahr im Mittelfeld.

SCHWARZACH. Seit zwei Wochen heißt es, die Länder würden heuer höhere Defizite schreiben als von Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) erwartet. Genaueres weiß man jedoch nach wie vor nicht. Vor allem auch zur Frage, wie es dazu kommen konnte. Die Informationslage ist dürftig. Im Zuge der Verhandlungen über einen neuen Stabilitätspakt möchte Marterbauer gleich auch für mehr Transparenz sorgen.

Der Bund liefert monatlich einen Bericht über den laufenden Budgetvollzug. „Es wäre gut, wenn es so etwas auch für die Länder und die großen Städte geben würde“, sagt die Leiterin des parlamentarischen Budgetdienstes, Kristina Fuchs.

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Gemeinsam mit ihren Mitarbeitern hat sie Informationen zu geplanten Nettofinanzierungssalden heuer und im kommenden Jahr gesammelt. Der Saldo ergibt sich aus Ein- und Auszahlungen, ist, sofern negativ, also ein Defizit. Vervollständigt man die Angaben ergibt sich für die Länder folgendes Bild: Vorarlberg hat in seinen Voranschlägen für 2025 und 2026 mit 221 und 214 Millionen Euro vergleichsweise niedrige Salden geplant. Pro Kopf handelt es sich mit rund 540 und 520 Euro jedoch um eher durchschnittliche. Am wenigsten sollen es im kommenden Jahr in Oberösterreich mit 165 Euro werden, mit Abstand am meisten in Wien mit 1310 Euro. Wobei Wien Land und Gemeinde ist und bei den übrigen Ländern Angaben für die Gemeinden noch nicht verfügbar sind.

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Alle Länder schreiben rote Zahlen. Das ist eine neue Entwicklung. Wie konnte es dazu kommen? Das Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO hat schon vor geraumer Zeit davor gewarnt, dass sie von erheblichen, inflationsbedingten Mehrausgaben betroffen sind. Dabei geht es vor allem um Personalkosten, bestätigt WIFO-Experte Simon Loretz: „Das ist eine wesentliche Erklärung dafür, dass sie zu kämpfen haben.“

Simon Loretz
Personalkosten seien “eine wesentliche Erklärung” dafür, dass die Länder zu kämpfen haben, erklärt Simon Loretz vom WIFO. Foto: WIFO

Bei den Ausgaben, die man habe, gebe es eine massive Dynamik, erklärt ein Sprecher von Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP): Die Rede ist von Gesundheit, Pflege, Bildung und Sozialem. Zurückzuführen sei die Dynamik beispielsweise auf die Demographie (Alterung), aber auch darauf, dass es sich hauptsächlich um Dienstleistungen handle, die personalintensiv sind und bei denen sich Gehaltsanpassungen entsprechend auswirken.

Die unterschiedliche Höhe der Defizite der Länder wiederum lässt sich schwer erklären. Vertiefende Untersuchungen dazu gibt es nicht, wie die VN bei einem Rundruf erfahren. Karoline Mitterer vom Zentrum für Verwaltungsforschung (KDZ) hat jedoch einen Hinweis: „Das Defizit ist in einem hohen Maß abhängig davon, wie viel investiert wird. Oberösterreich zum Beispiel investiert relativ wenig.“

Alle Länder in den roten Zahlen
Budgetexpertin Karoline Mitterer: „Das Defizit ist in einem hohen Maß abhängig davon, wie viel investiert wird. Oberösterreich zum Beispiel investiert relativ wenig.“ Foto: KDZ

Vorarlberg investiert mehr und mehr. Nach einem „Rekord“ bereits heuer soll die Summe hierzulande mit dem kommenden Jahr um sieben Prozent auf 123,6 Millionen Euro weiter steigen: Damit unterstreiche man die Entschlossenheit, „wichtige Infrastrukturprojekte zu finanzieren und wirtschaftliche Impulse zu setzen“, wird beim Land betont.

Der Nettofinanzierungssaldo ist nicht zu verwechseln mit der Neuverschuldung. Extrem ist das im Falle von Tirol: Dort soll 2026 ein Saldo von immerhin 232 Millionen Euro durch den Einsatz „liquider Mittel“ (z.B. Kontoguthaben) ausgeglichen werden, sodass Tirol als einziges Bundesland keine Neuverschuldung plant.

Hierzulande wird eine Neuverschuldung von voraussichtlich rund 200 Millionen Euro bleiben. Grundsätzlich gehe es dabei um finanzwirtschaftliche Entscheidungen, die unter anderem von der Zinslage abhängig seien, wie es in Bregenz heißt.

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Mit Ende des kommenden Jahres steht beim Land laut Voranschlag ein Schuldenstand von 850 Millionen Euro. 2019 hatte es sich um 110 Millionen Euro gehandelt. Zum Anstieg beigetragen hat vor der Teuerungs- freilich schon die Coronakrise.