Kommentar: Wunsch ans Christkind
Alle Jahre wieder kommt nicht nur das Christkind, sondern auch das Versprechen der jeweiligen Regierung, diesmal mit Verwaltungsreform aber wirklich ernst zu machen. Die Unzufriedenheit mit den für das menschliche Zusammenleben unerlässlichen Regelungen reicht weit zurück. Bereits vor 2.800 Jahren klagte der Prophet Jesaja über jene, „die unheilvolle Gesetze erlassen und unerträgliche Vorschriften machen.“ An dieser Klage hat sich seither nichts geändert.
Der mit Aufgaben der Verwaltungsreform betraute Außenministeriums-Staatssekretär Schellhorn hat vor einigen Wochen 160 Vorschläge zur Deregulierung und Entbürokratisierung vorgelegt. Es ist zu hoffen, dass sich die Regierungsparteien darauf einigen können, zumal die Vorschläge auf den Kernbereich der Verwaltungsreform (nämlich Aufgabenreform) zielen. Auch wenn Vorschläge wie verlängerte Öffnungszeiten für Selbstbedienungsläden und eine Erhöhung der Umsatzgrenze für die Registrierkassenpflicht für die Behörden keine großen Einsparungen bringen werden, sind sie auf dem richtigen Weg. Häufig bleibt die Klage über zu hohen Verwaltungsaufwand bei der Erwartung stecken, die Behörden müssten eben effizienter arbeiten. Das tun sie aber bereits. Bei der Digitalisierung der Verwaltung kann sich Österreich international durchaus sehen lassen. Die dabei lukrierten Einsparungen werden aber umgehend durch neue Aufgaben aufgefressen. Ein aktuelles Beispiel: Die Bundesregierung verfolgt derzeit das an sich lobenswerte Vorhaben eines Anti-Mogelverpackungsgesetzes. In ihrer Stellungnahme hat die Landesregierung darauf hingewiesen, dass die vorgesehenen Regelungen insbesondere für kleinere Händler bürokratische Hürden mit sich bringen und die notwendigen Kontrollen zu spürbarem Mehraufwand bei den Behörden führen werden. Diese Widersprüchlichkeit zieht sich durch die gesamte Gesetzgebung. Auch in den Parlamenten machen sich viele Abgeordnete immer neue Gedanken, wo noch besser geregelt und kontrolliert werden sollte. Viele gut gemeinte Anträge münden in der (letztlich kostenintensiven) Aufforderung „Die Landesregierung soll ….“.
Häufig wird auch in einer anderen Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden (meistens als versteckte Zentralisierung verstanden) ein riesiges Einsparungspotenzial vermutet. Da gibt es zwar tatsächlich viele Doppelgleisigkeiten (häufig beim Bund selbst) zu bereinigen. Aber ob Entscheidungen in Wien oder Bregenz getroffen werden, ändert sich an den Verwaltungskosten nichts Wesentliches. Maßgeblich ist vielmehr, ob überhaupt und mit welcher Intensität die Verwaltung dabei tätig werden muss. Die Bereitschaft der Politik und ihres Verwaltungsapparates, sich hier zurückzunehmen, sollte mehr sein als ein frommer Wunsch ans Christkind.
Jürgen Weiss vertrat das Land als Mitglied des Bundesrates (ÖVP) zwanzig Jahre lang in Wien und gehörte von 1991 bis 1994 der Bundesregierung an.
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