Finanzierungslücke bei der Notschlafstelle, Aus für den Familiendienst in Egg: Sozialinstitutionen müssen Leistungen kürzen

Politik / 09.12.2025 • 14:44 Uhr
Finanzierungslücke bei der Notschlafstelle, Aus für den Familiendienst in Egg: Sozialinstitutionen müssen Leistungen kürzen
Der Notschlafstelle der Caritas fehlen durch die Tarifänderung rund 70.000 Euro, sagt Walter Schmolly. VN/Paulitsch

Am Tag vor dem Budgetbeschluss gehen die Sozialinstitutionen in die Offensive und berichten, welche Leistungen gefährdet sind.

Dornbirn, Bregenz Maria Peböck hatte Glück. In der Pfarre St. Martin in Dornbirn faltet die 30-Jährige Glückwunschkarten, hilft bei den Vorbereitungen der Kinderliturgie und dem Kindergottesdienst. Glück deshalb, weil sie einen der rund 400 Arbeitsplätze über das Projekt “Spagat” ergattert hat; und weil zukünftig keine neuen Arbeitsplätze dazukommen werden, erzählt Claudia Niedermair von “Integration Vorarlberg”. Zumindest dann, wenn die Landesregierung die Sparpläne im Sozialbereich beibehält. Andere Projekte müssen gar ganz gestoppt werden, warnen mehrere Sozialinstitutionen am Dienstag.

Maria Peböck
Maria Peböck hat dank Spagat einen Job bei der Caritas. VN/Rauch

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Der Vorarlberger Landtag diskutiert heute, Mittwoch, das Landesbudget. Die Landesregierung plant erneut mit Darlehen in Höhe von 200 Millionen Euro, was den Schuldenstand auf bis zu 850 Millionen Euro wachsen lassen könnte. Die Regierung hat sich deshalb einen Sparkurs verordnet, den auch Vorarlbergs Sozialinstitutionen spüren. Sie sehen die Sparlast aber unfair verteilt, wie Caritas-Direktor und AGV-Obmann Walter Schmolly vorrechnet. “Seit 2019 sind die Ausgaben im Sozialfonds inflationsbereinigt um 1,26 Prozent gestiegen. Der gesamte Landeshaushalt ist in dieser Zeit um 1,93 Prozent gestiegen, also um 53 Prozent mehr. Ist es da fair, über eine Kostenexplosion im Sozialfonds zu sprechen?”, fragt Schmolly.

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Die Landesregierung hat vor einigen Wochen den Sozialinstitutionen per Brief neue Maximaltarife verordnet. Für Beratungsleistungen, die die Institutionen im Auftrag des Landes erfüllen, erhalten ab 2026 alle gleich viel. Außerdem werden die Strukturkosten und Pauschalförderungen nicht indexiert. Was technisch klingt, wirkt sich auf viele Projekte aus, wie Martina Gasser berichtet, Geschäftsführerin des Instituts für Sozialdienste (IFS). So seien der Bereitschaftsdienst und die Krisenintervention im ambulanten sozialpsychiatrischen Bereich am Abend und an den Wochenenden gefährdet. Die Beratungsstelle für menschengerechtes Bauen müsse komplett geschlossen werden. Simon Burtscher-Mathis, Geschäftsführer des Vorarlberger Kinderdorfs, bekräftigt ebenfalls: “Tarifkürzungen sind Leistungskürzungen!” Er muss den Familiendienst in Egg und das Netzwerk Familie in Bludenz zusperren. Offen sei noch, was mit dem Angebot der Besuchsbegleitung geschieht. Die Caritas kämpft mit einem 70.000-Euro-Finanzloch bei der Notschlafstelle. Die Auflistung beweist für Schmolly: “Der Begriff der Strukturkosten ist eine Nebelgranate.” Es gehe um Leistungen.

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Promente-Geschäftsführerin Margarete Laschalt-Schweigkofler fügt an: “Es ist nicht möglich, eine Tarifstruktur innerhalb von zwei Monaten über alle Leistungen zu stülpen.” Die Sozialinstitutionen würden sich zwar auf ein Normkostenmodell einlassen, sie fordern aber mehr Zeit, um Gespräche über die Auswirkungen zu führen. Die Tarife sollten fair und kostendeckend sein, fordert Schmolly. Die Institutionen fordern zudem gute Rahmenbedingungen für alle 9000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Besagte Belegschaft schielt derzeit auf die Verhandlungen zum Kollektivvertrag. Schmolly ist wenig zuversichtlich: “Unter diesen Bedingungen sehen wir uns nicht in der Lage, einen KV abzuschließen.”

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Soziallandesrätin Martina Rüscher widersprach am Dienstag am Rande einer Pressekonferenz den Vorwürfen, 2026 im Sozialbereich zu kürzen. Das Sozialbudget sei um 30 Millionen Euro höher als heuer.

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Die Förderung mit Spagat bleibt hingegen unverändert. Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf, die nicht unter die Bundesförderung fallen, erhalten über Spagat die Möglichkeit auf einen Arbeitsplatz. Spagat finanziert sowohl ein Mentor-Programm als auch Teile des Gehalts. Sieben Millionen Euro sind heuer budgetiert – der Betrag stagniert. “Die ersten Spagat-Schützlinge sind jetzt 45 Jahre alt, sie sind also noch ein paar Jahre dabei. Gleichzeitig verlassen immer neue Menschen mit schweren Beeinträchtigungen die Schule und suchen einen Job”, berichtet Niedermair und warnt: “Sie bekommen keinen Arbeitsplatz mehr.” Maria Peböck hatte noch Glück.

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