Vorarlberg geht bei Vorschule eigenen Weg

Politik / 10.12.2025 • 13:06 Uhr
Vorarlberg geht bei Vorschule eigenen Weg
Nicht alle Kinder kommen zu Schulbeginn in die erste Klasse Volksschule. Manche müssen vorher noch die Vorschule besuchen. Dafür gibt es zwei Varianten. APA/Manhart

Mehr Kinder werden in integrativen Modellen unterrichtet als in reinen Vorschulklassen.

Schwarzach Kinder, die alt genug sind, um die erste Klasse Volksschule zu besuchen, aber noch nicht als schulreif gelten, kommen in die Vorschule. Eine Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS) zeigt auf, dass es je nach Bundesland aber große Unterschiede gibt, die VN berichteten. In Vorarlberg ist der Anteil der Vorschulkinder vergleichsweise hoch. Aktuelle Zahlen verdeutlichen eine weitere Besonderheit: Österreichweit werden mehr Vorschulkinder in eigenen Klassen unterrichtet – in Vorarlberg ist es anders. Durch integrative Modelle sind sie etwa Teil der ersten Klasse, aber mit Vorschullehrplan.

Bildungsminister Christoph Wiederkehr (Neos) wälzt unterdessen keine Reformpläne. Das aktuelle Modell der Vorschulstufe berücksichtige den Entwicklungsstand der Kinder und ermögliche eine flexible, individuelle Förderung, teilt sein Sprecher mit.

“Nicht zeitgemäß”

Mario Steiner, Autor der IHS-Studie, kam hingegen zu einem kritischen Schluss: “Nicht zeitgemäß ist vor allem das Konzept der Schulreife als einmalige Überprüfung, die über die weitere Bildungslaufbahn entscheidet.” Die eigene Schulform, meist als separate Klassen, laufe der Integration zuwider, außerdem komme es zu einem Laufbahnverlust. Dass in Vorarlberg der Anteil der Vorschulkinder 2022/2023 mit 16,9 Prozent besonders hoch war, könne wohl daran liegen, dass strenger und selektiver vorgegangen werde, wenn es um die Einschätzung der Schulreife geht. Mangelnde Sprachkenntnisse sollten, rein von den Bestimmungen her, kein Grund sein, erläuterte Steiner.

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Tatsächlich hat die Mehrheit der Vorschulkinder laut Bildungsdirektion, etwa 60 bis 65 Prozent, eine andere Erstsprache als Deutsch. Insgesamt besuchen im aktuellen Schuljahr 218 Kinder in Vorarlberg eine eigene Vorschulklasse, 543 werden in einem integrativen Modell unterrichtet. Das sind die beiden möglichen Varianten für den Vorschulbesuch. Im Vorjahr waren es 245 beziehungsweise 536. Der österreichweite Trend sieht anders aus. Das Bildungsministerium schickte den VN Zahlen aus dem Schuljahr 2024/2025: Demnach sind 7069 Kinder in reinen Vorschulklassen unterrichtet worden, 3829 integrativ.

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“Ein Kind gilt dann als schulreif, wenn davon ausgegangen werden kann, dass es die Grundvoraussetzungen mitbringt, dem Unterricht der ersten Klasse zu folgen, ohne überfordert zu sein”, erklärt die Sprecherin der Bildungsdirektion. Es geht um Kriterien wie kognitive, körperliche und sozial-emotionale Reife und sprachliche Fähigkeiten. Das Ministerium stellt den Schulen ein Schuleingangsscreening (SES) zur Verfügung. Ob das jeweilige Kind in die Vorschule kommt oder in die erste Klasse, entscheidet die Schulleitung auf Basis eines Screenings, “ergänzt durch einen ganzheitlichen Blick auf das Kind und seine Lebenssituation.”

Warum es in Vorarlberg viele Vorschülerinnen und Vorschüler gibt, kann die Bildungsdirektion nicht beantworten. Die Praxis sei in den Bundesländern nicht einheitlich, die Vorgaben andernorts nicht im Detail bekannt. In Vorarlberg gebe es schon seit 2012 standardisierte Prozesse beim Übergang zwischen Kindergarten und Volksschule. Dafür seien eigene Screeningverfahren entwickelt und das Bewusstsein von Schulleitungen und Pädagoginnen und Pädagogen entsprechend geschärft worden.

Fokus auf Kindergärten

Das Bildungsressort sieht momentan keine Notwendigkeit, das Vorschulmodell zu ändern. Wie ein Sprecher von Minister Wiederkehr schildert, müsse es Ziel sein, den Anteil der Kinder, die schulpflichtig, aber nicht schulreif sind, zu verringern. “Hier kommt den elementaren Bildungseinrichtungen eine wesentliche Rolle zu.” Deshalb habe das Ministerium in Abstimmung mit dem Elementarpädagogikbeirat einen Entwurf für einen neuen Bildungsrahmenplan beauftragt. Zudem solle es ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr geben. Wiederkehr kündigte es in der Vergangenheit “spätestens ab 2027” an.