Fragen nach Identität und Verantwortung

Fünf Ausstellungen im neuen Ausstellungsjahr im Kunstmuseum Liechtenstein.
Vaduz Mit fünf Ausstellungen, die gesellschaftliche, politische und ästhetische Fragen aufgreifen, startet das Kunstmuseum Liechtenstein ins Jahr 2026. Gezeigt werden Werke von RELAX, Eleanor Antin, Saâdane Afif, Mercedes Azpilicueta, Evi Kliemand und Anna Jermolaewa. Die Präsentationen verbinden konzeptuelle Zugänge mit medienübergreifenden Arbeiten – sie thematisieren Besitz und Verantwortung ebenso wie Erinnerungskultur, Rollenmuster und individuelle Handlungsspielräume.

Den Auftakt macht vom 6. Februar bis 16. August 2026 die Ausstellung “What Is Wealth?” des Künstlerduos RELAX (chiarenza & hauser & co). Die 2010–2017 entstandene Installation, erstmals in Vaduz in dieser Form zu sehen, kreist um Fragen nach Wert, Verteilung und sozialer Konstruktion von Reichtum.

RELAX, deren Arbeiten in der Vergangenheit mehrfach Teil von Gruppenausstellungen im Haus waren, zeigen nun erstmals Werke aus der Sammlung in einer Einzelausstellung. Der Kunstlichtsaal wird dabei zum Reflexionsraum: Zonen wie ein Tausch-Käfig, ein Waste_Room und ein drehbares Glücksrad ermöglichen einen Wechsel der Perspektive zwischen Kritik, Spiel und Alltagserfahrung.

Vom 27. März bis 27. September 2026 zeigt das Kunstmuseum Liechtenstein in Kooperation mit dem Mudam Luxembourg eine umfangreiche Retrospektive zu Eleanor Antin. Die US-amerikanische Konzeptkünstlerin, eine prägende Stimme der feministischen Kunst seit den 1960er Jahren, arbeitet mit Fotografie, Film und Performance. Serien wie 100 Boots oder Carving: A Traditional Sculpture hinterfragen Normen von Identität und Repräsentation. Rollenspiele, historische Zitate und fiktive Figuren sind dabei zentrale Elemente ihrer künstlerischen Sprache. Die Ausstellung ist die erste ihrer Art in Europa und wird von einer neuen Monografie begleitet.

Zum Abschluss der Antin-Schau zeigt Saâdane Afif am 27. September 2026 eine neue Performance. Afifs Arbeitsweise beruht auf der Öffnung eigener Werke für andere Stimmen, Medien und Kontexte. Seine oft mehrschichtigen Arbeiten verknüpfen Text, Musik und Figur, zuletzt verkörpert durch die fiktive Kuratorin Yasmine d’O. Auch in Vaduz steht das Wechselspiel von Autorschaft und Narration im Zentrum.

Von 3. Mai bis 22. November 2026 bespielt die argentinische Künstlerin Mercedes Azpilicueta den Seitenlichtsaal mit einer raumgreifenden Installation. CaccHho CucchhA richtet sich an Kinder und Erwachsene und versteht Spiel als soziale Praxis. Ausgangspunkt ist ein Wandteppich, der Bildmotive aus Gaza, Zeichnungen der Künstlerin und Skulpturen von Aldo van Eyck kombiniert. Metallstrukturen, Klangobjekte und Kostüme schaffen eine Umgebung für Bewegung und Erzählung.

Mit Evi Kliemand zeigt das Museum eine Sammlungsausstellung mit Werken der Vaduzer Künstlerin. Großformatige Leinwände, Skizzenbücher und Fotografien dokumentieren ein Werk, das sich seit Jahrzehnten mit der Wahrnehmung von Landschaft und dem Verhältnis von Körper und Umgebung auseinandersetzt.

Zum Jahresende folgt vom 23. Oktober 2026 bis März 2027 die Ausstellung Radical Hope von Anna Jermolaewa, die den Vorarlberger Kunstinteressierten mit ihren Ausstellungen im Kunsthaus Bregenz sowie im Magazin 4 sicherlich noch in bester Erinnerung ist. Die Künstlerin, 2024 Biennale-Vertreterin Österreichs, thematisiert Mechanismen der Kontrolle und politische Erinnerung. Für ihre erste große Einzelausstellung in Vaduz entwickelt sie neue Arbeiten, darunter eine Werkgruppe zu Objekten aus dem Gulag, ein eindringliches Nachdenken über Erinnerung, Gegenwart und individuelle Handlungsspielräume in repressiven Systemen.