Johannes Huber

Kommentar

Johannes Huber

Kommentar: Sogenannte Experten

Politik / 26.12.2025 • 13:17 Uhr

Josef Schellhorn ist der Watschenmann der Bundesregierung. Vor allem der Boulevard arbeitet sich an dem Neos-Politiker ab. Wobei er sich halt auch dafür anbietet. Zunächst einmal unfreiwillig: Er ist Staatssekretär für Deregulierung und Entbürokratisierung – aber nicht in einem Ressort wie Wirtschaft, sondern im Außenamt. Also dort, wo es am wenigsten hinpasst.

Dazu gekommen ist es, weil die Neos diesen Aufgabenbereich haben wollten, die ÖVP in „ihrem“ Wirtschaftsministerium aber keinen Platz dafür sah. Also mussten die Pinken in „ihrem“ Außenministerium (Chefin: Beate Meinl-Reisinger) einen solchen schaffen. Es war ihnen nicht zu peinlich – und Schellhorn war sich nicht zu dumm, das Amt zu übernehmen; wissend, dass er hier eher nur verlieren kann.

“Schellhorn, der in der Vergangenheit vieles besser wusste, macht als Regierungsvertreter die Erfahrung, wie wenig realpolitisch geht.”

In gewisser Weise freiwillig macht sich der 58-Jährige aber auch durch unbedachte Aussagen angreifbar. Nachdem er es gleich zu Beginn seiner Amtszeit aufgrund eines Dienstwagen-Upgrades von einem Audi A6 auf einen Audi A8 in die Schlagzeilen geschafft hatte, berichtete er, deswegen von Männern in einem Zug beschimpft worden zu sein: Er habe sich so gefühlt „wie vor 85 Jahren“. Ein Vergleich, für den er sich wenig später „aufrichtig entschuldigen“ musste, weil er „absolut unpassend“ war, wie er eingestand: Das Leid, das Menschen vor 85 Jahren angetan worden sei, sei unvergleichbar.

Die Aussage sei ihm in der „Emotion passiert“. Emotion zeigt der Salzburger immer wieder. Zuletzt auch im Zusammenhang mit einem Entbürokratisierungspaket, das er geschnürt hat. Es enthält Maßnahmen wie die Verlängerung des Prüfintervalls beim Autopickerl. Von Experten ist das Paket auseinandergenommen worden. Tenor: Sehr bescheiden. Das fand Schellhorn unpassend. Obwohl er es als Oppositionsvertreter einst wohl selbst auseinandergenommen hätte, sagte er: „Es gibt natürlich die sogenannten Experten wie zum Beispiel die Agenda Austria, die besonders gescheit, aber in der Realpolitik noch nicht angekommen sind.“

Schellhorn wird schon wissen, was er damit zum Ausdruck gebracht hat: Er, der in der Vergangenheit vieles besser wusste und sich als Hotelier etwa über bürokratischen Wahnsinn empörte, ja sich in Verbindung damit in sozialen Medien gerne auch inszenierte, macht als Regierungsvertreter die Erfahrung, wie wenig realpolitisch geht.

Das ist jedoch nicht das Problem der Experten, ob der Agenda Austria, des Momentum-Instituts, des WIFO oder des IHS. Im Gegenteil: Job dieser Leute ist es, Reformnotwendigkeiten oder besser -optionen aufzuzeigen. Es ist wichtig, dass sie das tun, ohne sich von vornherein zu überlegen, was in einer schwarz-rot-pinken Koalition sowie mit Ländern und Gemeinden etwa durchsetzbar ist.

Das ist die Aufgabe von Regierenden wie Schellhorn. Das kann ihm niemand abnehmen – auch wenn er es als Staatssekretär in einem Ministerium schwer haben mag, das nicht seiner Zuständigkeit entspricht und auch wenn er nicht zuletzt bei ÖVP und SPÖ mit Widerständen konfrontiert ist.

Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.