Ein besonderer Ausflug zum Winterklettersteig

St. Anton. (VN-C. Schreiber) Die Skifahrer staunen nicht schlecht, als wir an der Riffelscharte die Ski abschnallen und am Rucksack festzurren. Wir ziehen die Jacken aus, binden den Lawinen-Piepser um die Brust und straffen den Klettergurt am Bauch. Die neugierigen Leute können nicht ahnen, was wir vorhaben. Die Seile im Fels sind nur schwer zu erkennen – und die Tafel, die unser Verhalten erklären könnte, ist zugeschneit.
Mühsam stapfen wir durch den hohen Schnee zum Einstieg. Ein letzter Blick zurück, dann sind wir allein auf dem Winterklettersteig in
St. Anton am Arlberg. Hier im Freeride-Mekka ist es nicht ungewöhnlich, wenn Skifahrer die Piste verlassen. Aber kaum jemand kennt den Rendl-Klettersteig, der nur im Winter begangen wird. Die knapp einen Kilometer lange Tour kostet ziemlich Kraft und ist nicht ungefährlich. Neuschnee verwandelt eine harmlose Stelle in einen Drahtseilakt, und der Wind legt Felspassagen frei, die besser unter dem Schneemantel geblieben wären. Teilweise ist das Drahtseil, das zur Sicherung dient, eingeschneit. Dann heißt es, jeden Schritt sorgfältig setzen und die Nerven bewahren. Schließlich verläuft der Weg komplett auf dem Grat, zu beiden Seiten geht es mehrere hundert Meter abwärts.
Das Abenteuer ist nicht zu vergleichen mit einer Klettersteigtour im Sommer. Die äußeren Bedingungen und die Skiausrüstung machen das Leben schwer. Die Felsen haben sich einen Eispanzer zugelegt, mit den klobigen Skischuhen, die zwar eine gummierte Sohle haben, findet man nur schwer Halt. Immer wieder ziehen wir uns mit den Armen hoch, statt mit den Beinen das Körpergewicht nach oben zu stemmen, was wesentlich kraft sparender wäre. Und dann ist da ja noch der verhältnismäßig schwere Rucksack mit Lawinenschaufel, Stöcken und Ski, der einem immer wieder aus dem Tritt bringt. Mal schrammt man mit den Brettern am Fels lang, dann bohren sie sich in den Schnee oder donnern beim Vorbeugen gegen den Helm.
Aber das Durchhalten lohnt sich in jedem Fall. Knapp zwei Stunden hat es gedauert, um den Endpunkt an der Rossscharte zu erreichen. Obwohl uns der Klettersteig in den Beinen steckt, schwingen wir leichtfüßig hinab. Das Gelände ist nicht besonders steil, sodass wir die Abfahrt ins Moostal ausgiebig genießen können.
