Eine Reise in die Vergangenheit

Reise / 07.06.2013 • 10:05 Uhr
Eine Reise in die Vergangenheit

Der Duft nach Zigarren liegt in der Luft und im Hintergrund ertönt Salsa-Musik. Kuba.

reise. (VN-ber) Eigentlich wollten wir das richtige Kuba sehen, nicht das touristische, aber der Direktflug bringt uns nach Varadero, dem wohl beliebtesten Badeort in Kuba. Touristen sehen wir trotzdem kaum welche, denn auch wenn im März die perfekte Zeit ist, das Land zu bereisen, ist es ruhig am karibischen Traumstrand. Ein paar Kubaner laden uns ein, den Tag mit ihnen zu verbringen, und bieten uns an, das wahre Leben hier kennenzulernen. Nur eine Autostunde entfernt wohnt ihre Familie in Pedro Betancourt. Wir müssen nicht lange überlegen, und schon geht es in einem der alten Autos auf holprigen Straßen Richtung Landesinnere. Verfallene Häuser, Ochsenkarren und Pferdekutschen prägen jetzt das Stadtbild. Ein Kubaner scheint genauso fasziniert von uns zu sein wie wir von dieser neuen Umgebung. Er folgt uns mit ein paar Metern Abstand durch den ganzen Ort. Angst haben wir nicht, denn Kuba ist wohl eines der sichersten Länder der Welt. Kinder winken uns zu und freuen sich, als wir sie fotografieren. Yasmaany und Maristella bringen uns zum Haus ihrer Eltern. „Die haben sich scheiden lassen, damit wir die Möglichkeit haben, uns selbst ein Haus zu kaufen“, erzählt uns Yasmaany. Als Exilkubaner, wie er es einer ist, hat man sonst nämlich keine Chance, ein Grundstück zu kaufen, und als Ausländerin, wie Maristella, schon gar nicht. „Um unser Grundstück zu kaufen, heiratete Yasmaanys Mutter zum Schein dessen Besitzer, nur um den Vertrag abzuschließen und sich danach wieder scheiden zu lassen“, erklärt Maristella uns als sie unsere ungläubigen Gesichter sieht.

Dass Gastfreundlichkeit hier großgeschrieben wird, lernen wir schnell. Die Familie hat kaum Geld, Kameras wie unsere kennen sie nur aus dem Fernsehen. Trotzdem fühlen wir uns willkommen. Mangos werden aufgetischt, obwohl die zu dieser Jahreszeit eine Seltenheit sind. Der Herr des Hauses erklärt uns, dass man Ananas mit Salz essen muss und schenkt uns dazu eine leckere Tasse Café ein. Es ist ihm wichtig, dass wir etwas über Kuba erfahren und über die Probleme, mit denen die Menschen aufgrund der Regierung täglich zu kämpfen haben, denn das wunderschöne Land hat auch Schattenseiten. Als wir unseren Blick durch die karg eingerichtete Wohnung schweifen lassen, fällt uns auf, dass das Wohnzimmer eigentlich nur aus einem Fernseher und ganz vielen Sesseln besteht. „Schließlich muss Platz sein, wenn der Nachbar mitten unter dem Abendessen einfach hereinspaziert und sich hinsetzt, um zu sehen, was im Fernsehen läuft“, erzählt uns Yasmaany. Auf dem Rückweg nach Varadero bleiben wir am Straßenrand stehen.

Mit einer Machete erntet Pedro Zuckerrohr für uns, an dem wir die restliche Fahrt mehr oder weniger genüsslich kauen und dabei versuchen, die ersten Eindrücke des Landes zu verarbeiten.

Kubas Hauptstadt Havanna

Am nächsten Tag geht es weiter nach Havanna. Um einen Einblick in das Leben der Kubaner zu bekommen und unser Reisebudget zu schonen, wohnen wir von nun an in Privatunterkünften, sogenannten „Casas Particulares“. In Kubas Hauptstadt ist es alles andere als ruhig. Unsere Gastgeber empfangen uns schon an der Bushaltestelle und bringen uns zu Fuß in die Altstadt. Vor einer der alten beeindruckenden Kolonialbauten bleiben wir stehen. Gerade mal 20 Euro bezahlen wir für unser riesiges Zimmer mit eigenem Bad. Für Kubaner viel Geld, wenn man allerdings erfährt, wie viel sie monatlich an den Staat für die Vermietung der Zimmer abgeben müssen, egal ob sie besetzt waren oder nicht, relativiert sich das Ganze wieder. Während Kubaner Pesos nacionales verdienen, bezahlen Touristen mit Pesos Convertibles (CUC). Lediglich auf Märkten oder im Straßencafé können auch Touristen mit kubanischen Pesos zahlen, und das machen wir auch. Ein Fenster in einer privaten Küche im Erdgeschoss dient als Kiosk. Hier gibt es kubanisches Frühstück zum Mitnehmen.

Überhaupt scheint die Zeit in Kuba stehen geblieben zu sein. Alles erinnert an die 50er-Jahre. Internationale Geschäfte und Fast-Food-Ketten sucht man vergeblich, Früchte werden in Schubkarren verkauft und Rikschas bringen einen sicher durch das Gewirr der Stadt. Auch in Havanna sind die Menschen offen. Man merkt, dass sie glücklich sind. Trotz dem oft schwierigen Leben im Sozialismus, das sie täglich vor eine Herausforderung stellt. Bei einer Flasche Rum im Park erfahren wir unzählige spannende Geschichten über die strengen Regeln der Regierung. Aber auch über die Musik, die Lebensfreude und darüber, dass sich die Kubaner durchaus im Klaren sind, auf einem kleinen Stück Paradies zu leben.