Stille Wanderungen auf Madeira

Wanderung entlang der malerischen Bewässerungskanäle, hinein in Madeiras Zauberwald.
reise. (srt/Hans-Werner Rodrian) Tausend kleine Wasserperlen glitzern auf grünem Blattwerk. Bereits hinter der ersten Kurve öffnet sich ein grüner Tunnel aus Lorbeer, Wachsmyrte und Moosen. Neben dem Saumpfad murmelt in einer uralten Felsrinne sanft ein künstlicher Bach. Eine Mauereidechse hat es sich auf warmen Basaltbrocken bequem gemacht und lässt sich auch durch meine Schritte nicht stören. Diese Stille! Eine Levada-Wanderung auf der Insel Madeira lässt den Alltagsstress sanft abfließen wie Regenwasser.
Levadas: So heißen auf der Blumeninsel im Atlantik die uralten Bewässerungskanäle. Maurische Sklaven haben sie wohl einst gegraben. Die Wasserläufe leiten das kostbare Nass über viele Kilometer von den regenreichen Nordhängen zu den Bananenplantagen im sonnigen Inselsüden. Neben diesen künstlichen Wasseradern verläuft immer ein schmaler Pfad, früher wohl zur Wartung, inzwischen vor allem zur Freude der Wanderer.
So gelangt heute auch der Urlauber neben dem ruhig dahinfließenden Wasser ohne große Steigungen und Gefälle hinein in Madeiras Zauberreich: Und schon nach wenigen Schritten steht er mittendrin in einem urzeitlichen Lorbeerwald, einer Wildnis aus Jahrhunderte alten Krüppelbäumen, meterhohen Farnen, vermoosten Erikabüschen – in einem leibhaftigen Bergdschungel.
„Wandern Sie mit!“ Ein Plakat im Hotel macht auf die Tageswanderungen aufmerksam. Pünktlich nach dem Frühstück war der Kleinbus losgefahren, hatte sich mit acht Gästen eine Stunde lang immer höher und immer einsamer ins Gebirge geschraubt. Die Rabacal-Wanderung gehört zu den Klassikern unseres Guides. Während der vierstündigen Tour geht es aus 1050 Meter Höhe zunächst entlang einer ersten Levada durch dichten Zauberwald zum Risco-Wasserfall, schließlich nach einem Abstieg über eine zweite Levada zu den „25 Quellen“. Das Finale bildet ein 860 Meter langer Tunnel, durch den Wasser wie Wanderer den Berg durchqueren. Danach holt der Bus die Gruppe wieder ab, der Fahrer ist in der Zwischenzeit zum Zielpunkt vorausgefahren.
Dass es außer Bequemlichkeit noch andere Gründe gibt, besser mit Führer loszuziehen, merkt die kleine Gruppe bald. Der Weg ist fest, aber glitschig. Rechts fließt die Levada. Und links ahnt man nur den Abgrund, von dem gnädigerweise die Nebel das Meiste verbergen. Zwar sind die ausgesetztesten Stellen durch Handläufe gesichert, und Schilder gibt es auch. Aber die Angaben darauf