Törggelen: Im alten Stil zum Wein

Reise / 13.08.2015 • 11:54 Uhr
Törggelen: Im alten Stil zum Wein

Nur im Herbst servieren Südtirols echte Buschenschänken ihren Eigenbauwein.

reise. (srt/Hans Werner Rodrian) Ein Glas Rotwein funkelt in der milden Herbstsonne, dazu hat die Wirtin ein Speckbrett und frisch geröstete Kastanien auf den roh gezimmerten Tisch gestellt. Im Abendlicht glühen die Dolomitengipfel, und nur das Klimpern der Kuhglocken durchbricht die erhabene Bergruhe. Nie ist Südtirol schöner als im Spätherbst. Malerisch vergoldet sind die Weinberge zwischen Neustift und Kalterer See schon früh. Doch erst spät im Jahr offenbart die Bergregion ihre allerschönste Seite: das „Törggelen“. Das bedeutet, erst ausgiebig zu wandern und dann gemütlich beisammen zu sitzen beim jungen Wein und einer herzhaften „Marende“ – einer Jause. „Torggl“ nennen die Südtiroler von alters her die Weinpressen. Wenn die schweren Holz-Ungetüme früher ihre Arbeit getan hatten, dann begann das Törggelen. Bauern stellten ein paar Stühle und Tische vors Haus, und ihre guten Stuben verwandelten sich zu Buschenschänken. Heute tun auch auf den abgeschiedensten Höfen längst moderne Edelstahlpressen ihren Dienst. Doch den frisch gekelterten süßen „Most“ und den halbgegorenen „Nuien“ gibt es immer noch genau wie früher, dazu ein „G’selchtes“ mit Kraut und hinterher „Köschtn“, die frisch gerösteten Esskastanien.

Beginn schon im September

Den Touristen zuliebe beginnen die ersten Törggelen-Partien als Ausflugsattraktion heute schon im September. Busse fahren einschlägige Großgaststätten an. Dort wird geschunkelt und gesungen, der süße Traubenmost fließt in Strömen. Mit der Tradition des Törggelen hat das alles freilich wenig zu tun. Das findet im kleinen Freundeskreis statt und verträgt keine lauten Töne. Nach alter Sitte wird der neue Wein auch erst um Martini, dem 11. November, herum verkostet. Doch keine Angst: Dann wartet immer noch eine strahlende Herbstsonne auf alle, die zum Wein wandern. Denn der wächst ja nur in sonnigen Südlagen, wo es weder Nebel noch viel Frost gibt.

Den Weg zu den schönsten Buschenschänken weist entweder eine gute Spürnase oder ein paar gute Adressen. Am leichtesten fündig wird der Neuling natürlich in den Hochburgen des Törggelen: am Salten zum Beispiel, um Feldthurns oder Völlan. Doch nirgendwo sind so viele Buschenschänken an einem Fleck wie am Ritten, dem Hausberg am Südhang von