Unterwegs mit den Enkeln der Inkas

Reise / 05.08.2016 • 10:04 Uhr
Unterwegs mit den Enkeln der Inkas

Nur wenige Schritte vom Machu Picchu führen neue Touren durch das Heilige Tal.

reise. (srt/Oliver Gerhard) Kolibris surren durch die dünne Luft. Es riecht nach wilder Minze und Eukalyptus. Die Gräser sind von Raureif bedeckt, in den Büschen hängen lange Flechtenbärte. In der Tiefe schimmert der See von Puray grün und türkisfarben. Immer wieder hält die Wandergruppe kurz zum Verschnaufen – die Höhenluft fordert ihren Tribut. Dann schiebt sich ein schneebedeckter Gipfel ins Bild: der 6264 Meter hohe Salcantay, heiliger Berg der Inkas. Während die Wanderer die Landschaft genießen, werden sie selbst bestaunt: zuerst von zwei halbwüchsigen Rinderhirten, später von den Arbeitern auf einem Feld mit Quinoa. Ausländische Besucher sind noch neu auf dem Pfad oberhalb von Chinchero, die Route wurde erst vor Kurzem erschlossen. Ein Bauer, der drei Esel vor sich hertreibt, begrüßt sogar alle per Handschlag. Um den Hals trägt er ein verbeultes Transistorradio, aus seinen Jackentaschen quellen Coca-Blätter, der „Kaugummi der Bergbevölkerung“ – und hilfreich gegen Höhenkrankheit.

„Ich habe meine Lamas verkauft, in meinem Alter sind Esel praktischer“, erzählt er dem Wanderführer Rubén Amache. Die beiden unterhalten sich auf Quechua, der alten Sprache der Inkas. Der Ort Chinchero ist Teil des Valle Sagrado, des Heiligen Tals der Inkas, die zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert in Südamerika rund 200 Volksstämme beherrschten. Doch dann wurden sie von den spanischen Eroberern unterworfen, ihre Tempel zerstört, ihre Schätze geraubt, ihre Eliten vernichtet. Dennoch sind ihre Spuren in der Region rund um das Weltkulturerbe Machu Picchu überall präsent. Wie vor mehr als 500 Jahren bewirtschaften die Indígenas die Terrassen, die ihre Vorfahren angelegt haben, und nutzen die genial konstruierten Aquädukte.

Rubén, der selbst aus Cusco stammt, will während der Tour auch mit Klischees aufräumen. Er erklärt, dass die zehnjährigen Hirten nicht zur Kinderarbeit verdonnert werden, sondern zum Familien­einkommen beitrügen. Und dass die Lehmhäuser ohne Heizung kein Zeichen von Armut seien, sondern Ausdruck der einheimischen Kultur: „Eine Heizung interessiert hier keinen – alle haben genug zu essen, die Kinder wachsen sehr frei auf.“ Rubén ist einer von rund einem Dutzend Guides, die in einem für Peru neuen Konzept Touren zu Fuß und per Mountainbike begleiten.