Reise / 26.04.2019 • 09:01 Uhr
Kuelap wird auch als „Machu Picchu des Nordens“ bezeichnet. Seit zwei Jahren ist es per Seilbahn zu erreichen. Shutterstock (5)
Kuelap wird auch als „Machu Picchu des Nordens“ bezeichnet. Seit zwei Jahren ist es per Seilbahn zu erreichen. Shutterstock (5)

1000 Jahren, gesichert hinter einer 600 Meter langen und bis zu 21 Meter hohen Mauer und durch Steilhänge. Moosige Baumstämme krallen sich mit ihren Wurzeln ins Mauerwerk, Flechtenbärte hängen von ihren Ästen. Rot und hellgrün leuchten Bromelien in den Baumwipfeln über den Ruinen. Nach allen Seiten eröffnen sich weite Blicke über Schluchten und Bergspitzen, kleine Dörfer, Maisfelder und Urwaldreste. Bei einem Gerichtsverfahren über Landrechte im Jahr 1843 stieß der damalige Richter auf diese Stätte. Archäologen legten seitdem mehr als 450 Fundamente frei: Wohnhäuser, Tempel, öffentliche Gebäude. Die gigantische Festung soll das bisher größte bekannte Bauwerk Südamerikas sein. Bis zu 3000 Menschen sollen in Kuelap gelebt haben, bis der Puls der Stadt um 1540 zu schlagen aufhörte – vermutlich aufgrund der Pest.

Lange von den Besucherströmen übersehen, soll Kuelap nun zum Leben erwachen. Eine Seilbahn nahm vor zwei Jahren den Betrieb auf. Besucher können seither innerhalb von nur 20 Minuten vom Tal in die Ausgrabungsstätte kommen. Die Meinungen darüber sind geteilt: Während die Regierung einen Aufschwung prophezeit, sind Wissenschaftler skeptisch, ob die Bauwerke den Ansturm verkraften. Die Einwohner des nahe gelegenen Dorfes Tinga fürchten indessen, dass große Firmen aus Lima am Tourismus verdienen, während sie leer ausgehen. Im nahe gelegenen Cocachimba ist man da schon weiter: Dort profitieren vor allem Einheimische vom Tourismus, seit ein deutscher Ingenieur vor zwölf Jahren den mit 711 Metern vierthöchsten Wasserfall der Welt entdeckte. Weil die Pferde ihr größter Schatz sind, lässt es sich keiner der Bauern nehmen, jeden Besucher persönlich zu geleiten. Durch die Felder klappern die Hufe auf Steinstufen aufwärts. Am Fuße des donnernden Wasserfalls benetzt eine Gischtwolke die Gesichter. Einige Mutige wagen sich in den kalten See. Die gefürchtete Riesenschlange, von der man sich im Dorf lange erzählte, hält heute wohl einen Verdauungsschlaf, und auch die geheimnisvolle Seejungfrau, die in einigen Dorfmythen vorkommt, holt keinen der Badenden zu sich in die Tiefe.