Baku: Orient und Moderne

Ihre ungewöhnliche Mischung macht die Hauptstadt Aserbaidschans zu einem lohnenden Ziel.
Baku Es geht vorbei an morbiden Hafenanlagen, einer großen Moschee und zahlreichen Bohrtürmen. Dann stoppt der Bus. Wir müssen umsteigen in einen klapprigen Lada. Und schon brettert der Fahrer los als gelte es, einen neuen Geschwindigkeitsrekord aufzustellen. Mit Vollgas fliegen wir über ausgefahrene Pisten, unterbrochen von abrupten Bremsmanövern vor gröberen Unebenheiten oder Felsbrocken. Dann stoppt der Fahrer auf einem Parkplatz. In der Ferne liegt das Kaspische Meer. Weiße Schaumkronen glitzern in der Sonne, die immer wieder kurz durch die Wolkendecke bricht. Ein kräftiger Wind fegt über die staubige Wüstenlandschaft des Gobustan Nationalparks rund 60 Kilometer südwestlich der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku.
Vor uns liegen die Schlammvulkane, mehr als ein Dutzend mausgraue, oft nur ein paar Meter hohe Haufen, in deren Mitte es blubbert. Ab und zu schießen kleine Fontänen in die Luft. Und wer Pech hat, den erwischen ein paar Spritzer. Rund 300 solcher Schlammspucker soll es in Aserbaidschan geben, mehr als in jedem anderen Land.

„Lada very good“, strahlt der Fahrer, bevor er wieder in seine Klapperkiste einsteigt und zurück brettert. Mit dem Bus geht es zu einem weiteren Höhepunkt des 44 Quadratkilometer großen Nationalparks: den rund 6000 teils prähistorischen Felsgravuren. Sie zeigen Jagdszenen, Tiere und einfache Darstellungen von Menschen und gehören seit 2007 zum Unesco Weltkulturerbe. Ihre Geschichte lässt sich im modernen Petroglyph Museum multimedial erleben.
Zurück in Baku kann der Besucher auf den Spuren der alten Seidenstraße wandeln. „Auf der einen Seite fanden damals Muslime, Christen und Juden Quartier und Schutz, auf der anderen Seite Hindus und Zoroastrier, die Anhänger des uralten Feuerkultes“, erzählt Touristenführer Jamshed bei der Besichtigung der alten Karawanserei. Die restaurierte Altstadt mit ihrer mittelalterlichen islamischen Architektur, dem sagenumworbenen Jungfrauenturm und dem Palast der Schirwanschah-Dynastie lässt sich am besten zu Fuß erkunden. Lauschige Teehäuser und ausgefallene Kunstgalerien laden zum entspannten Bummel ein. Heute leben noch rund 2000 Menschen in der Altstadt. Wer sein Haus renovieren will, darf das nur nach den strengen Vorschriften tun. Wer es verkaufen will, kann es nur an die Regierung verkaufen. Seit 2003 regiert Staatspräsident Ilham Alijew das Land mit eiserner Hand. Aserbaidschan ist ein säkulärer Staat mit westlichem Lebensstil und gleichzeitig ein muslimisches Land. Verschleierte Frauen sieht man kaum und das aufregende Nachtleben zieht inzwischen vor allem indische Touristen an.

Reichtum mit Erdöl und Gas
Von den mit Kopfstein gepflasterten Gassen fällt der Blick auf ein Symbol des modernen Baku – die Flame Towers, drei 30 Stockwerke hohe Wolkenkratzer in der geschwungenen Form einer Flamme. Die Flammen stehen für die großen Erdöl- und Gasvorkommen und damit für die Quelle von Aserbaidschans anhaltendem Reichtum. Im frühen 20. Jahrhundert kam die Hälfte des weltweiten geförderten Öls aus Baku. Nach der blutig erkämpften Unabhängigkeit 1991 kam der große Wandel. Seitdem wurde enorm in die Modernisierung Bakus investiert. Aus der einstigen „schwarzen Stadt“ wurde in dem mit 221 Hektar größten Renaturalisierungsprojekt der Welt die „weiße Stadt“. Mit ihren breiten Boulevards, weitläufigen Parks und gepflegten Wohnhäusern erinnert Baku heute stellenweise an Paris, inklusive der Läden vieler internationaler Modelabels. Inzwischen punktet die Stadt, in der heute mehr als drei der insgesamt zehn Millionen Einwohner Aserbaidschans leben, auch mit moderner Architektur.
Eurovision Song Contest 2012
In Europa wurde Baku durch den Eurovision Song Contest im Jahr 2012 bekannt. Auch als Austragungsort hochkarätiger internationaler Sportereignisse wie dem Formel-1-Rennen hat sich die Stadt inzwischen einen Namen gemacht. Und im nächsten Jahr werden viele Fußballfans Baku wieder im Blick haben. Dann finden hier Spiele der Fußball-Europameisterschaft 2020 statt. Bärbel Schwertfeger (srt)
Baku
Einreise Ein elektronisches Visum (www.evisa.gov.az) für 30 Tage kostet 20 US-Dollar.
Sprache Aserbaidschanische Sprache oder ach Aserbaidschan-Türkisch
Zeitliche Differenz Im Winter plus drei Stunden, im Sommer plus zwei Stunden.
Währung Aserbaidschan-Manat

