Wo Wein und Olivenöl fließen

Reise / 16.04.2021 • 10:39 Uhr
Wo Wein und Olivenöl fließen

In Istrien kommen nicht nur Strandurlauber, sondern auch Genießer zum Zug.

Zum Baden in der Adria ist es im April noch zu kalt, doch es sprechen andere Gründe für einen Trip nach Istrien. Gut, dass die Region im Nordwesten Kroatiens viel mehr zu bieten hat. Wer nur wegen Sonne, Strand und Meer hinfährt, versäumt ohnehin, was die kroatische Halbinsel zu einem Genussland macht: die Dörfer im Hinterland, zu denen Sträßchen führen, die nicht einmal auf der Karte zu finden sind. Die ländlichen Konobas, in denen noch gekocht wird wie zu Omas Zeiten. Und die Olivenhaine und Weinberge. Manchmal hat man unterwegs das Gefühl, man sei in der Toskana gelandet. Ganz so falsch ist das gar nicht, war doch Istrien zwischen den Weltkriegen tatsächlich Teil Italiens. Dabei wurden unter Tito die meisten Italiener vertrieben, viele auch ermordet. So wie in Oprtalj, einem aussichtsreich gelegenen Örtchen, das am Eingangstor verspricht, ein Künstlerdorf zu sein. Doch die meisten Gebäude sind verfallen, Putz bröckelt, in leeren Fensterhöhlen wuchern Sträucher. Fast trotzig wirken die paar Häuser, in denen sich tatsächlich Künstler niedergelassen haben. Oprtalj ist authentischer als das – zumindest vor Corona – von Touristen vereinnahmte Künstlerdorf Grosnjan.

Heutzutage wird das italienische Erbe auf der Halbinsel ebenso gepflegt wie das der K.-u.-k.-Zeit. Man ist stolz auf die Geschichte und präsentiert sie gern, so wie im Städtchen Motovun. Hoch auf dem Berg thront die Festung, die im 13. Jahrhundert von den Venezianern errichtet wurde – mit Kirchen und Palästen und einer das Ganze umfassenden Stadtmauer. Hier lässt sich Geschichte an Mauern ablesen. In vielen Bereichen allerdings wirkt Motovun eher wie ein Freilichtmuseum denn wie ein lebendiger Ort. In Souvenirshops kauft man Trüffel, Olivenöl und Wein – die Dreieinigkeit istrischen Genusses. Die Produzenten waren meist Pioniere, und wer sie besuchen will, muss die ausgebauten Straßen verlassen und sich auf steinigen Wegen in abgelegene Weiler trauen.

3500 Olivenbäume

Zum Beispiel nach Ipsi, wo gerade einmal 16 Menschen leben. Zwischen verfallenden Häusern – eine Folge der Landflucht – steht das schmucke Anwesen der Familie Ipsa, die hier seit 1998 wieder Oliven anbaut, auf Terrassen und auf eine Weise, wie es schon die Großeltern von Klaudio Ipsa machten. Geerntet werden die Früchte der 3500 Bäume per Hand und gleich kalt gepresst. Der übrig gebliebene „Ölkuchen“ dient als Dünger. „So geben wir den Bäumen auch etwas zurück“, sagt Irena. Rund 6000 Liter Olivenöl produzieren die Ipsas im Jahr, seit 2015 biozertifiziert. 2017 waren ihre Olivenöle unter den 15 besten der Welt. Seit einem Jahr produzieren die Ipsas auch Wein, zunächst eigentlich nur für den Familienbedarf. Inzwischen beliefern sie auch Hotels und Restaurants in Istrien und verkaufen bis nach Deutschland. Gefragt ist vor allem der heimische Malvasier. „Der Wein ist wie Trüffel“, meint Irena, „entweder man mag ihn oder man mag ihn nicht.“

Auf Trüffelsuche

Der Geruch von Trüffeln liegt nicht nur im Spätherbst in den Restaurants in der Luft, im Verkaufsraum von Prodan Trüffel werden die Besucher zu jeder Jahreszeit von einer Duftwolke empfangen. Hier stehen alle Erzeugnisse, die mit der teuren Knolle veredelt werden: Salz, Käse, Salami und natürlich Olivenöl. Die Prodans sind Trüffelsucher seit 60 Jahren. Damals startete der Vater von Vanda als einer der Ersten das Geschäft mit den edlen Knollen. Und nach einer Trüffelsuche mit den Trüffelhunden zeigt Vanda den Gästen, wie vielseitig sich Trüffel in der Küche verwenden lassen. Besonders köstlich sind ihre Rühreier – natürlich mit geriebenen und gehobelten Trüffeln.

Schwarze Oliven reifen länger auf dem Baum als grüne.Clem Onojeghuo/Unsplash
Schwarze Oliven reifen länger auf dem Baum als grüne.Clem Onojeghuo/Unsplash
Das Künstlerdorf Pratalj hat sich seine Authentizität bewahrt.
Das Künstlerdorf Pratalj hat sich seine Authentizität bewahrt.