Armenien abseits der Krisen

Reise / 22.09.2023 • 11:18 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Armenien abseits der Krisen

Hohe Berge, tiefe Schluchten und Klosterkirchen prägen das Bild des kleinen Landes.

Frage an Radio Eriwan: „Stimmt es, dass es in der Sowjetunion niemandem an einer Stereoanlage mangelt?“ Antwort: „Im Prinzip ja, man hört von allen Seiten das Gleiche.“ Die Witze des fiktiven Radio Eriwan waren während der Sowjetzeit auch in Europa beliebt und bekannt. Sie parodierten die Gesellschaft und galten im Sozialismus als eine subtile Form der politischen Meinungsäußerung, die ansonsten stark unterdrückt wurde. Doch jenseits dieser Witze bleibt Armenien für viele ein unentdeckter Fleck auf der Weltkarte. Dabei hat das kleine Land, eingebettet zwischen Georgien, Türkei, Iran und Aserbaidschan, enorm viel zu bieten. Auf einem Gebiet, das in etwa der Größe Belgiens entspricht, findet man tiefe Schluchten, majestätische Berge, Klosterkirchen in spektakulären Landschaften, und allem voran unglaublich gastfreundliche Menschen und köstliches Essen.

Von Krisen überschattet

Wenn Sona anfängt über ihr Heimatland zu sprechen, kommt sie aus dem Schwärmen nur schwer wieder heraus. Trotz all der Konflikte und Kriege, die Armenien in seiner Geschichte erlebt hat und die mit der Blockade und dem Angriff auf Bergkarabach leider brandaktuell sind, wollte sie das Land nie verlassen. „Meine Mama und mein Bruder sind in den 90er-Jahren nach Kanada ausgewandert, meine Tochter lebt in New York und bekommt dort bald ihr Kind“, erzählt die Armenierin mit einer leichten Traurigkeit in der Stimme. Sie selbst aber liebt das Land und die Menschen, die her leben, viel zu sehr, um ihnen den Rücken zuzukehren. Auch wenn die aktuelle Situation in Bergkarabach sie fassungslos und traurig macht. Dass Sona trotzdem noch hier ist, ist ein Glück für Touristen wie uns: Als Reiseführerin zeigt sie Interessierten begeistert die Schönheiten ihres Landes und teilt dabei ihr umfangreiches Wissen über dessen Geschichte. Davon, dass Armenien inmitten eines schrecklichen Konfliktes steckt, merken wir als Touristen nichts. Das Land ist problemlos bereisbar. Und trotzdem hören wir natürlich all die Geschichten und können uns nur schwer vorstellen, wie es sein muss, hier zu leben.

Von Jerewan in den Norden

Unsere Rundreise führt uns von Jerewan auf 1960 Meter Höhe zum Sewansee, einem der größten Hochgebirgsseen der Welt. Mit einer Fläche von 1272 Quadratkilometern ist er mehr als doppelt so groß wie der Bodensee. Einen wunderschönen Blick hat man vom Kloster Sewanawank am nordwestlichen Ufer des Sees. Von hier aus fahren wir in den nächsten Tagen weiter in Richtung Norden über Dilijan und später entlang der aserbaidschanischen und der georgischen Grenze bis in die Provinz Lori im Norden des Landes. Die Straßen winden sich immer wieder in die Höhe, führen uns über die Berge und bringen uns wieder ins Tal. „Hier wartet ein weiteres Kloster auf uns“, zeigt sich Sona begeistert und hat natürlich alle Fakten dazu parat. Auch wer im Urlaub sonst nicht von einem Kloster ins nächste tingelt, wird sich in Armenien nicht langweilen. Viel zu beeindruckend ist die Lage der architektonisch spannenden Gebäude, die alle für sich besonders sind und selbst die schlimmsten Erdbeben unbeschadet überstanden haben. Wir brauchen trotzdem etwas Kontrastprogramm und statten kurzerhand Gayane Simonyan einen Besuch ab.

Leidenschaft für Bienen

Die sympathische Armenierin ist mit ihren 32 Jahren nicht nur Imkerin, sie ist als Frau, die in Armenien mitten auf dem Land ein erfolgreiches Business führt, auch ein Vorbild für viele andere und unterstützt vor allem Frauen dabei, sich auch