Zeitenwende statt Untergang

Das Ende der Welt lässt auf sich warten, aber sie verändert sich. Auch ohne Maya-Kalender.
Schwarzach. (VN-max, tm) Das Amüsement über endzeitverrückte Weltenbürger in Ehren – Russen flüchten sich in Tunnel, Partys steigen im Schatten aztekischer Pyramiden: Auch Vorarlberger haben Überlebenspakete gekauft – mit Hirse und Roggen und handbetriebener Taschenlampe. Schließlich soll sich einer der unzähligen Prophezeiungen zufolge am 21. Dezember 2012 der Himmel für drei Tage verdunkeln, ehe die Welt zerbirst.
Längst nicht alle Anhänger der esoterischen Szene glauben das. Sonja Roppele (50) etwa wird sich morgen nicht verkriechen, sondern auf der Hochzeit ihrer Tochter Nina tanzen. Gegenwärtig richtet sich die Dornbirner Schamanin im Dachgeschoß eines Haselstauder Einfamilienhauses neu ein. Das tut man ja auch nicht, wenn man das Ende nah wähnt. Ihrer Interpretation zufolge sind viele Zeitgenossen einer unglücklichen Zahlenspielerei aufgesessen, die der Amerikaner Jose Argüelles in Szene gesetzt hat. Der Star der Esoterikszene starb im März 2011. Er hinterließ eine ganz eigene Lesart des Mayakalenders, die am morgigen Tag ins Verderben führt.
„Hüter der Zeit“
Das Volk der Maya hat die Fantasie der Menschen stets beflügelt. „Man nennt sie die Hüter der Zeit“, sagt Roppele. Diese Gruppe indigener Völker Mittelamerikas siedelte sich ab etwa 2000 vor Christus im heutigen Mexiko, Guatemala, Belize, Honduras und El Salvador an. Sie haben, wie die Wiener Historikerin Univ.-Prof. Dr. Martina Kaller-Dietrich ausführt, ein sehr komplexes Kalendersystem geschaffen. „Die Maya nutzten einander ergänzende Kalender. Den rituellen Tzolkin-Kalender, den zivilen Haab-Kalender und die sogenannte ,lange Zählung‘“. Sie umfasst 1.872.000 Tage und endet am Freitag. Wobei allein die Umrechnung in den gregorianischen Kalender beträchtliche Mühe macht. Sonja Roppele, die unter Ihresgleichen als „RainbowWoman“ bekannt ist, hält ein anderes Endzeitdatum dagegen. Demnach soll bei korrekter Berechnung der Kalender-Zyklus der Maya bereits am 28. Oktober 2011 zu Ende gegangen sein. Es ging ein ganz normaler Tag ins Land.
Vor einem Jahr schlimmer
Roppeles Beobachtungen zufolge kochte die Panik vor einem Jahr deutlich heftiger hoch. Damals waren die Bilder der vom Harder Harald Kloser produzierten Filmapokalypse „2012“ noch frisch in Erinnerung. Inzwischen macht sich in der Szene so etwas wie leicht enttäuschte Entwarnung breit. „Das Wahnsinnsszenario ist nicht eingetroffen.“ Die Wirtschaft existiert nach wie vor. Man zahlt noch immer in Euro. Beben und Fluten blieben aus. Und doch ist sich Roppele sicher, dass wir an einer Zeitenwende stehen. „Die Menschen werden sich immer mehr bewusst, dass sie so nicht weitermachen wollen.“ Der Großteil der Menschheit lebe in Angst, Gewalt und Zerstörung. „Wir haben uns in Europa nur in einer kleinen Luxussuite der Erde eingerichtet.“ Oh doch, sie kann die Sorgen und Ängste ganz gut nachvollziehen.
Endzeitszenarien prägen die Menschheit lange schon. Die ersten Christen erwarteten Jesu Wiederkehr und das göttliche Gericht noch zu ihren Lebzeiten. Für den Reformator Martin Luther (1483 bis 1546) war der Papst der Antichrist und die römische Kirche die „Hure Babylon“. Die Vorzeichen des nahenden Entscheidungskampfs zwischen Gut und Böse entnahm Luther der Offenbarung des Johannes, einem der am meisten missverstandenen Bücher des Neuen Testaments.
Selbst berühmteste Wissenschaftler waren nicht frei von religiösen Ängsten. Auch der Brite Isaac Newton (1642 bis 1727), der mit den Gesetzen der Schwerkraft und der Optik die Grundlagen für die klassische moderne Physik geschaffen hat, berechnete den Zeitpunkt für das Ende der Welt. Auf Basis der Offenbarung und des Buches Daniel schloss er 1704 in einem Brief darauf, dass es 1260 Jahre nach der Übernahme der obersten Gewalt durch den Papst im Jahr 800 so weit sein könnte. Demnach stünde uns die Apokalypse 2060 ins Haus.

19, Altach.
Ich halte nicht wirklich viel von diesen Weltuntergangsprophezeiungen für den
21. 12. 2012. Das ist doch nur wieder irgend so ein Blödsinn. Damit kann man den Leuten wieder irgendetwas andrehen, das sie überhaupt nicht brauchen. Ich denke aber schon, dass einige Leute leider auf die ganzen Weltuntergangsgeschichten hereinfallen. Wenn die Welt am Freitag wirklich untergehen würde, würde ich eine große Party machen und noch mal so richtig ausgiebig feiern gehen.

69, Hohenems.
Diese Weltuntergangsstimmung ist ein absoluter Blödsinn. Man hat schon oft gesagt, dass die Welt untergehen würde. Was ich allerdings schon glaube, ist, dass die Welt vom Mond abhängig ist. Ich kann mir vorstellen, dass die Hälfte der Leute an den Weltuntergang glaubt und auf die Prophezeiungen hereinfällt. Die Erde gibt es schon so lange, es wird sie auch mit Sicherheit noch einige Zeit geben. Würde die Welt untergehen, würde ich mit meiner Frau zum Abschluss eine Feier machen.


74, Hohenems.
Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, ob die Welt untergehen wird oder nicht. Niemand kann wirklich wissen, was in der Zukunft passiert. Ich denke aber eher nicht, dass der Welt diesen Freitag etwas Schlimmes bevorsteht. Ich warte einfach ab und schaue, was sich am Freitag ereignen wird. Sollte die Welt wirklich untergehen, bleibe ich zu Hause und warte, bis es vorbei ist. Feiern werde ich deshalb aber nicht. Ich wünsche uns allen alles Gute, sollte die Welt wirklich kaputtgehen.

70, Hohenems.
Von den Weltuntergangsszenarien halte ich gar nichts. Ich habe einige Bücher über die Kultur der Maya gelesen. Ich denke, dass der Maya-Kalender nun fertig ist, hat für uns keinerlei Bedeutung. Die ganze Sache erscheint mir eher eine Geldmacherei einiger Weniger zu sein. Ansonsten hätte die Welt bisher schon öfters aufhören müssen zu existieren. Sollte die Welt einmal untergehen, würde ich mich hinsetzen, ein genüssliches Bier trinken und nochmal richtig gut essen.

47, Hohenems.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass diesen Freitag die Welt untergehen soll. Dass nur wegen dem Datum aus dem Maya-Kalender die Welt untergehen soll, glaube ich einfach nicht. Dieser Kalender wurde ja vor Jahrtausenden erstellt. Ich glaube aber schon, dass die Sterne einen gewissen Einfluss auf das Leben haben können, wenn sie in einer bestimmten Reihenfolge angeordnet sind. Würde die Welt untergehen, möchte ich den letzten Tag auf alle Fälle mit meiner Familie verbringen.