Wehrpflicht auch eine Frage der Generation

Spezial / 21.01.2013 • 21:12 Uhr

Politologe Peter Filzmaier sieht „Sprengstoff für einen Generationenkonflikt“.

Schwarzach. Laut einer Analyse der Institute SORA und ISA, beruhend auf einer Wahltagsbefragung, sprachen sich 72 Prozent der Frauen unter 30 und 59 Prozent der Männer in der gleichen Altersgruppe für ein Berufsheer aus. Mit steigendem Alter ändert sich die Einstellung: Nur noch 21 Prozent der über 60-jährigen Männer sind für ein Berufsheer. Bei Frauen über 60 sind zumindest noch 37 Prozent für ein Berufsheer zu haben. Laut den beiden Instituten wollten Österreichs Junge also das Berufsheer – und scheiterten an den Älteren in der Republik, die das System der Wehrpflicht verteidigt hatten.

„Es gibt weniger Junge“

Eine interessante Analyse dieser Generationenfrage liefert nun der Politologe Peter Filzmaier im VN-Gespräch. Zwar sei am Sonntag die Wahlbeteiligung der Älteren eine höhere gewesen als die der Jüngeren. Doch mache das nichts aus, sagt Filzmaier. Denn ihm zufolge hatte der Mobilisierungsgrad nichts mit dem Ausgang der Volksbefragung zu tun. „Es gibt“, sagt der Forscher, „einfach weniger Junge unter den Wahlberechtigten. Die Jungen gewinnen in Summe nie, selbst wenn sie bei der Wahlbeteiligung aufholen würden – weil die Jungen einfach weniger sind.“ Filzmaier belegt diese doch bemerkenswerte Aussage mit Zahlen: „Es gibt rund doppelt so viele Wahlberechtigte in Österreich über 80 als 16- und 17-Jährige.“

Und ein entscheidendes Thema

Für Filzmaier ist die Sache also eine rein mathematische, eine demografische. Zumal in diesem speziellen Fall auch der Zugang zum Thema die Generationen geteilt habe: „Ältere und Konservative wollen das Bestehende festhalten. Sie orientieren sich auch an der Frage, was die für Österreich bessere Entscheidung ist.“ Während die Jungen die Sache eben aus persönlicher Betroffenheit entschieden hätten. Filzmaier legt nach: „Hätten nur die unter 30-Jährigen abgestimmt – es hätte eine Mehrheit für das Berufsheer gegeben.“ Der Politologe lädt zu einem Gedankenspiel ein: „Stellen Sie sich vor, die Jüngeren wären in Österreich die größere Gruppe. Und dann fände eine Abstimmung über das ideale Pensionsantritts­alter statt.“ Filzmaier ortet in diesem Zusammenhang gar „Sprengstoff für einen Generationenkonflikt“.

Bundesheer spezielles Thema

Ist das so? Sehen Vorarlberger Politiker beider Altersgruppen ebenfalls ein hohes Konfliktpotenzial? Kurz gesagt: Nein. Vielmehr heißt es da, dass das Bundesheer ein spezielles Thema sei, das von beiden Altersgruppen eben aus entgegengesetzten Gesichtspunkten begriffen werde. „Daraus kann man nicht ableiten, dass die Jungen sich nie durchsetzen können“, sagt etwa Rotkreuz-Präsident Siegi Gasser (71). Das Verhalten beider Gruppen sei legitim: „Jemand, der vor der Situation steht, einer Pflicht nachkommen zu müssen, wird sich immer anders verhalten als jemand, der dem Ganzen neutral gegenübersteht.“ Und da habe es die ältere Generation eben leichter. Über diese spezielle Frage hinaus könne man aber kein Gegeneinander der Generationen ableiten. Auch Alt-Landtagspräsident Gebhard Halder (70) verweist auf die persönliche Betroffenheit. Ältere würden dem Katastrophenschutz mehr Bedeutung zumessen, also der Sicherung dessen, was man sich im Leben aufgebaut habe. „Auch fordern die Älteren stärker ein, dass die Jüngeren gegenüber der Gesellschaft einen Beitrag leisten.“ Doch eine Gefährdung des Generationenmiteinanders, sagt auch Halder, könne man nicht ableiten: „Im Gegenteil. Je weniger junge Menschen es gibt, desto wichtiger werden sie.“ Auch ein Jungpolitiker – Dominik Steinwidder (28), der Landesvorsitzende der Jungen Generation (SPÖ) – sieht den „Generationenvertrag nicht in Gefahr“. Steinwidder stimmte zwar für das Berufsheer, hat aber auch Verständnis für die Bedenken der älteren Generation: „Denn die Politik hat zur Abstimmung zu wenige Fakten mitgeliefert.“ Und doch macht er sich Gedanken über Filzmaiers Aussagen: „Es war mir bis dato nicht bewusst, dass die ältere Bevölkerung am längeren Hebel sitzt.“ Und das ist Fakt. In Österreich gibt es nach Auskunft der Statistik Austria 6,3 Millionen Wahlberechtigte. 29,8 Prozent davon sind über 60. Nur 19,9 Prozent sind unter 29. Und dieses Verhältnis wird sich in Österreich nicht zugunsten der Jungen verschieben.

Hätten nur die unter 30-Jährigen abgestimmt – es hätte eine Mehrheit für das Berufsheer gegeben.

Peter Filzmaier