Als Papst „Erster der zwölf Apostel“

Wie der Führungsanspruch begründet ist. Und wie er sich gewandelt hat.
Vatikanstadt. Der Papst („papa“ bzw. Vater) ist zugleich Bischof von Rom. Seine Diözese geht auf das 1. Jahrhundert zurück – das Neue Testament enthält einen Brief des Apostels Paulus an die Christen in der Hauptstadt des Römischen Reiches. Die Gründung der Gemeinde ist nicht genau bekannt, jedoch stand nach der Tradition der Apostel Petrus als Erster an ihrer Spitze. Er wurde auch in Rom hingerichtet und – an der Stelle des heutigen Petersdoms – begraben.
Die Position des Petrus als „Erster der zwölf Apostel“ dient seit jeher als theologische Basis für den Führungsanspruch des Papstes. Aufgrund dieser Herkunft wird der jeweilige Papst „Nachfolger des Petrus“ genannt, sitzt auf dem „Stuhl Petri“ und trägt den „Fischerring“ (in Anspielung auf den ursprünglichen Beruf des Petrus als Fischer).
Obwohl bereits die Päpste der frühen Jahrhunderte Mitsprache in Angelegenheiten außerhalb Italiens forderten, dauerte es bis zum Hochmittelalter, bis sie eine solche erreichten. Bedeutsam war dabei die Auseinandersetzung mit dem Kaiser bezüglich der Einsetzung von Bischöfen. Dieser „Investiturstreit“ endete 1122 mit dem Wormser Konkordat, das die Unabhängigkeit der Kirche von weltlichen Machthabern stärkte.
Parallel dazu wuchs die weltliche Macht der Päpste. Der Kirchenstaat umfasste Mitte des zweiten Jahrtausends große Teile Mittelitaliens und machte die Nachfolger Petri auch zu mächtigen Fürsten, die oft aufgrund allzu weltlicher Ziele Kriege führten.
Im 18. Jahrhundert geschwächt
Im 18. Jahrhundert geriet das Papsttum im Zuge der Aufklärung in Bedrängnis. Papst Pius VI. konnte Kaiser Joseph II. 1782 nicht von der Auflösung vieler Klöster und massiven staatlichen Eingriffen in die Kirchenstruktur und das Glaubensleben des Habsburgerreichs abbringen.
Der Tiefpunkt kam, als 1796 der Kirchenstaat durch französische Truppen erobert wurde und Pius VI. drei Jahre später als Gefangener der Franzosen starb. Das Papsttum schien am Ende, doch gelang es den Kardinälen, Pius VII. zum Papst zu küren. Das 19. Jahrhundert war von den Auseinandersetzungen zwischen dem Papsttum und den ihm treuen Kräften auf der einen Seite und von laizistischen und säkularistischen Ideen geprägten staatlichen Gewalten Europas auf der anderen Seite geprägt. 1870 eroberten die Truppen des vereinigten Italien Rom, und damit war auch der Kirchenstaat in seiner ursprünglichen Form Geschichte.
Die darauf folgenden Jahrzehnte verbrachten die Päpste zurückgezogen als „Gefangene des Vatikans“, bis die Lateranverträge 1929 die Verhältnisse zwischen Italien und dem Heiligen Stuhl ordneten. Gleichzeitig aber wuchs die geistliche Strahlkraft des Pontifex, etwa durch die Enzyklika „Rerum novarum“ (1891) von Leo XIII., der damit der Entstehung der christlichsozialen Bewegung wichtige Impulse gab.
Erneuerung durch Konzil
Die Päpste des 20. Jahrhunderts führten diese Konzentration auf eine Rolle als „Gewissen der Welt“ weiter. Das von Johannes XXIII. initiierte Zweite Vatikanische Konzil (1962–65) brachte dann entscheidende Neuerungsimpulse für die Gesamtkirche, etwa auch in der Betonung der Kollegialität in der bischöflichen Leitung. Nichtsdestotrotz hielt auch das Konzil die absolute Notwendigkeit der Gemeinschaft mit dem Papst fest.
Internationalität unterstrichen
Es war der erste Nicht-Italiener auf dem Papstthron seit Jahrhunderten, Papst Johannes Paul II., der während seines Pontifikats 1978–2005 das öffentliche Bild des Papsttums veränderte. Mit seinen über 100 Reisen machte der gebürtige Pole das Amt des Papstes in den Medien präsenter als zuvor und unterstrich die Internationalität und Zusammengehörigkeit der Weltkirche. Diese Linie, die von Benedikt XVI. nicht grundlegend geändert wurde, wird wohl das Auftreten des Papstes zumindest in den kommenden Jahrzehnten weiter prägen.
