„15 Minuten für Europa“, Wünsche aus Vorarlberg

Spezial / 04.09.2013 • 19:27 Uhr

Zu Eröffnung der 65. Messe wurde philosophiert und gute Stimmung verbreitet.

Dornbirn. Der Dornbirner Bürgermeisterin Andrea Kaufmann war gestern beim Frühstück etwas mulmig. Denn kurz nach neun Uhr hatte sie in ihrem Amt als oberste Bürgerin Dornbirns wieder eine Premiere: Ihre erste Messe-Eröffnung stand an. Und die launigen Reden ihres Vorgängers Wolfgang Rümmele waren für viele das tatsächliche Highlight bei den Messe-Eröffnungen der vergangenen Jahre. Nun: So lustig war sie noch nicht, die erste Rede, aber das wird schon noch werden.

Sie hob die zwei Seiten der Messe hervor, nämlich jene der Wirtschaftsschau und jene des gesellschaftlichen Treffpunkts, bei dem „ma anander trifft“. „Wichtig für die Messe ist die Balance zwischen Wirtschaft und Wohlfühlfaktor“, so Kaufmann, die wenige Sätze später zum Erhalt dieser Balance Landeshauptmann Markus Wallner aufforderte, beim traditionellen Messerundgang die Hallen aufmerksam zu betrachten. Einige von ihnen vertragen eine Sanierung, das Land als einer der Hauptgesellschafter soll seinen Beitrag dazu leisten. Etwas später replizierte Wallner auf den Wunsch der Frau Bürgermeister: „Ich werde mir die Messehallen anschauen, aber die finanzkräftige Bürgermeisterin sollte schon auch schauen.“

„Auf keinen Fall auf Wahlkampftour“ wähnte sich Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner beim Messe-Opening, sondern „aus echtem Interesse und als Zeichen der Anerkennung für die Vorarlberger Wirtschaft“.

Einen guten Teil seiner Redezeit stellte er andere Dinge klar: Nämlich dass Österreichs Wirtschaft nicht „abgesandelt“ sei, sondern „aufgesandelt“. Und: „Messen sind wichtig, um eine gute Stimmung für den Standort zu machen (Mehr von Wirtschaftsminister Mitterlehner im Interview im „Markt“, Seite /D1).

Forderungen an Wien

Und weil doch Wahlkampf ist, hat auch Landeshauptmann Markus Wallner seine Redezeit genutzt, um die Wünsche Vorarlbergs an eine künftige Bundesregierung zu deponieren. Zwei Anliegen sind es, die dem Landeschef am Herzen liegen. So schnell sie formuliert sind, so schwierig sind sie anscheinend umzusetzen.

Erstens: Haushalt stabilisieren. Deutschland zeige, wie es gehen kann: „Dort wird konzentriert an der Schuldenrückführung gearbeitet. Damit machen unsere Nachbarn vor, dass sich konsequentes und nachhaltiges Haushalten und Wachstum nicht ausschließen.“

Zweitens: Eine Steuerentlastung, die, das räumt er ein, allerdings langfristig sei und für den Mittelstand und für die Familien erfolgen solle. Die Abgabenlast in Österreich noch weiter zu erhöhen, würde den Wirtschaftsstandort insgesamt gefährden, warnte der Landeshauptmann: „Wir müssen Hindernisse für eine positive Standortentwicklung aus dem Weg räumen anstatt neue zu schaffen.“

„Urbild der Freiheit“

„Europas Identität – zwischen Illusion und Wirklichkeit“ war denn das Thema des Festredners der heurigen Messe, des Wiener Philosophen Konrad Paul Liessmann, der auch eine Verbindung zum merkantilen Charakter einer Warenmesse fand. Über seinen Ansatz, die Idee einer freien Gesellschaft, die ihren Ursprung in Europa gehabt habe, findet er zur Wirtschaft: „Das Urbild der Freiheit ist der Kaufmann“, stellte er fest und nicht umsonst seien die vier Grundfreiheiten der Europäischen Union – freier Warenverkehr, Personenfreizügigkeit, Dienstleistungsfreiheit, freier Kapital- und Zahlungsverkehr – wirtschaftlichen Ursprungs. Europa sei, um es kurz zu fassen, eine Zweck­gemeinschaft, die auf Verträgen fuße, die Seele vermisse man noch und wahrscheinlich werde es auch so bleiben, mutmaßte der Philosoph vor dem Eröffnungspublikum.

Die Chance Europas sei die eines „Europas der Regionen, eines Europas, das den einzelnen Menschen nützt“. Im Zentrum der Bemühungen solle das Individium stehen. Aber immerhin: Eine Chance ist das auch.

Die Chance für Europa ist die Vielfalt. Die Vielfalt der Regionen und der Individuen.

Konrad Paul Liessmann, Philosoph und Gastredner