Hört die Signale
Totgesagte leben offenbar doch manchmal länger. Auch wenn sie schon selbst dem Zynismus verfallen. Im SPÖ-Landtagsklub hing lange Zeit eine Liste mit Wahlergebnissen der vergangenen Jahre. Vor jeder Zahl stand ein fettes Minus. Bei der Landtagswahl 2014 rutschten die Roten gar unter zehn Prozent. Auch die Vorhersagen für diese Wahl waren düster. Kaum jemand traute der SPÖ zu, ihr Landesmandat zu verteidigen.
Und dann dieser Überraschungserfolg. Reinhold Einwallner muss nicht einmal mehr die Briefwahl abwarten. Schon jetzt gaben ihm 29.000 Vorarlberger die Stimme. Das sind 17,9 Prozent für die SPÖ im Land. So viel wie schon lange nicht mehr. Jetzt müssen die richtigen Weichen gestellt werden.
Der rote Aufschwung kennt einen großen Verlierer: die Grünen. Und da vor allem Harald Walser. Er muss hierzulande die Rechnung für das grüne Frühjahr blechen. Zunächst der Hickhack mit den Jungen Grünen, anschließend der Abschuss von Peter Pilz. Dazu ein Führungswechsel kurz vor der Wahl. Grüne Stammwähler schreckt so etwas ab. Dieser Groll, gepaart mit der Angst vor dem Bundeskongress und den taktischen Gedanken vieler Grünwähler, aus Angst vor einem ÖVP-Kanzler Kurz die SPÖ zu wählen, lässt eine der stärksten grünen Stimmen im Nationalrat verstummen. Außerdem verliert Vorarlberg einen bedingungslosen Kämpfer für die Gesamtschul-Modellregion.
Harald Walser wird‘s verkraften. Persönlich sicher deprimierend, klar. Aber sein Leben geht weiter, er schmiedet schon Zukunftspläne. Doch während die Roten wieder Wind in den Arbeiterschaftssegeln spüren, könnte den Grünen völlig die Luft ausgehen. Die Landespartei von Johannes Rauch koaliert mit einer ÖVP, die nach dieser Wahl wieder stark an Selbstvertrauen gewonnen hat. Landeshauptmann Wallner wird einen Teufel tun, dies seinen Koalitionspartner bei Verhandlungen nicht spüren zu lassen.
Auf Bundesebene wird Johannes Rauch nichts anderes übrig bleiben, als eine Führungsrolle zu übernehmen, ob er will oder nicht. Den starken Landeschefs innerhalb der Partei kommt die Aufgabe zu, die Grünen aus jenem Eck zu holen, aus dem sie lange dachten, verschwunden zu sein: dem Eck der bundespolitischen Bedeutungslosigkeit. Allerdings hat Rauch im Land noch viel mehr Arbeit vor sich. Und zwar nicht nur durch die Koalition mit einer Kanzlerpartei, die vor Selbstvertrauen strotzt. Die Machtverschiebung lässt die Argumentationskraft der Grünen dramatisch sinken.
2019 steht in Vorarlberg die nächste Landtagswahl an. Nicht einmal mehr zwei Jahre haben die Grünen nun Zeit, wieder auf Kurs zu kommen. Für die Landesgrünen bedeutet das: Profil schärfen. Denn lauter könnten die Alarmsignale nicht schrillen. 6,4 Prozent vor Auszählung der Wahlkarten. Zumindest bleibt viel Luft nach oben.
„Die Machtverschiebung im Bund lässt die Argumentationskraft der grünen Landesräte dramatisch sinken.“
Michael Prock
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