Schwarz-blaue Einigung am Tisch

Spezial / 15.12.2017 • 22:40 Uhr
Regierungsverhandlungen im Palais Epstein: Gestern gegen 20.30 Uhr gingen die Koalitionsverhandlungen 64 Tage nach der Wahl erfolgreich zu Ende.APA
Regierungsverhandlungen im Palais Epstein: Gestern gegen 20.30 Uhr gingen die Koalitionsverhandlungen 64 Tage nach der Wahl erfolgreich zu Ende.APA

Finale Verhandlungsrunde in Wien. Zwei Monate nach der Wahl steht Angelobung unmittelbar bevor.

Wien Langes Warten im Wiener Palais Epstein: Dutzende Kamerateams und Journalisten harrten bis in die Nacht aus, um über das Ende der Koalitionsverhandlungen zu berichten. Hinter verschlossenen Türen gab es ein letztes Feilen am ÖVP-FPÖ-Bündnis. Schon für 18 Uhr war das Ende der Gespräche angekündigt. Immer wieder wurde der Termin aber nach hinten verschoben. Kurz nach 21 Uhr traten ÖVP-Chef Sebastian Kurz und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache dann vor die Presse und bestätigten den erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen.

Exakt zwei Monate nach der Nationalratswahl steht die Koalition zwischen ÖVP und FPÖ. Bei der Wahl am 15. Oktober hätten die Wähler eine „Richtungsentscheidung“ für Veränderung im Land getroffen, „diese Veränderung wollen wir gemeinsam sicherstellen“, sagte ÖVP-Chef Sebastian Kurz in einem Statement vor der Presse.

Details gaben die Parteichefs noch nicht bekannt – weder personell noch inhaltlich. Zunächst will man Samstagfrüh Bundespräsident Alexander Van der Bellen informieren und anschließend mit dem Pakt in die Parteigremien gehen. Danach soll die Öffentlichkeit konkreter informiert werden.

Man habe „sehr intensive Verhandlungen“ geführt, betonte Kurz, wenn man auch unterschiedliche Positionen gehabt habe, seien die Gespräche „stets auf Augenhöhe“ und von Respekt geprägt verlaufen. Er glaube, es sei gelungen, einen „neuen Stil“ zu etablieren.

Die neue Koalition stehe „für eine Politik, die im System spart und nicht bei den Menschen“, versprach Kurz. Man wolle die Steuerzahler entlasten, den Standort stärken, für mehr Sicherheit sorgen und illegale Migration bekämpfen. Man habe alle Bereiche intensiv verhandelt, betonte auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Kurz und Strache bedankten sich in dem knapp sechsminütigen gemeinsamen Statement gegenseitig, aber auch bei allen Verhandlern und den beigezogenen Experten. Auch Strache hob die gegenseitige Wertschätzung bei den Verhandlungen hervor. Zum Abschluss des Auftritts, bei dem keine Fragen zugelassen waren, lieferten die beiden Parteichefs noch einen Handshake für die Fotografen und TV-Kameras.

SPÖ hofft auf Van der Bellen

Dass die FPÖ in der neuen Regierung sowohl das Innen- als auch das Verteidiungsressort innehaben könnte, stößt bei der SPÖ auf Ablehnung. „Auch aus historischen Gründen“ habe man dies in der Vergangenheit nicht getan, sagte der geschäftsführende Klubobmann Andreas Schieder. „So eine problematische Machtkonzentration darf nicht passieren“, hieß es am Freitag in einer Aussendung.

„Damit wäre die gesamte Staatsgewalt mit sämtlichen Polizisten, Soldaten und Geheimdiensten bei einer Partei“, warnte der SPÖ-Klubchef vor den Plänen, sowohl Innen- als auch Verteidigungsministerium in die Hand von FPÖ-Ministern zu geben. Schieder hofft nun auf Bundespräsident Alexander Van der Bellen, bei dem die „Letztentscheidung“ liege: „Ich hoffe, dass er diese Machtaufteilung nicht zulässt.“

Demonstrationen geplant

Sechs Demonstrationen gegen eine schwarz-blaue Regierung sind für Montag, den voraussichtlichen Tag der Angelobung, angemeldet. Organisatoren sind etwa die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH), die Offensive gegen Rechts und die Plattform Radikale Linke sowie Asyl in Not.

Von mehreren Orten Wiens wollen sich die Demonstranten in Richtung Heldenplatz begeben, Details gab die Polizei auf Anfrage noch nicht bekannt.

„Die neue Koalition steht für eine Politik, die im System spart und nicht bei den Menschen.

Verhandlungen in Zahlen

60 Tage lagen durchschnittlich zwischen Wahltag und Tag der Angelobung bei den Regierungsbildungen seit 1945. Wenn wie geplant am Montag die neue Regierung angelobt wird, sind 64 Tage seit der Wahl vergangen.

10 Tage nach der Wahl vom 15. Oktober haben sich Vertreter von ÖVP und FPÖ zur ersten Runde der Koalitionsverhandlungen getroffen.

86 der 183 Abgeordneten zum Nationalrat wurden am 9. November erstmals angelobt. Die Frauenquote stieg von 31 auf 34 Prozent – der beste Wert seit 2002.