Am Ende flossen in Lustenau jede Menge Tränen

Sport / 04.03.2020 • 23:55 Uhr
Die Choreographien in beiden Fanlagern waren sehenswert. <span class="copyright">gepa</span>
Die Choreographien in beiden Fanlagern waren sehenswert. gepa

Emotionsgeladenes Westderby war nichts für schwache Nerven, weckte aber jede Menge Erinnerungen.

Lustenau Auf dem Platz tanzten die Spieler, die Fans waren kaum zu halten – die Sekunden nach dem Abpfiff führten bei Lotte Reheis zu einem emotionalen Ausbruch. Die 73-Jährige „gute Fee“ der Austria saß auf der Auswechselbank und und ließ ihren Gefühlen freien Lauf. Freudentränen kullerten Lotte über die Wangen, nur schwer fand sie die richtigen Worte. 16 Jahre sei sie nun bei der Lustenauer Austria und somit auch schon beim ersten Cupfinale 2011 im Wiener Ernst Happel Stadion dabei. Lotte, wie sie von allen Spielern gerufen wird, kümmert sich bei den Grün-Weißen um die Wäsche . Und damit gab es kurz vor dem Anpfiff eine nicht geplante Schrecksekunde. Doch Lotte behielt die Nerven und erzählt nach dem Abklingen der ersten Emotionen die Geschichte – beginnend mit: „Diese fünf Minuten waren die längsten im meinem Fußballerleben.“ Damit war die Nachspielzeit, die für die grün-weiße Anhängerschaft schier unendlich schien.
Doch was hatte es mit der Wäsche auf sich? „Innsbruck hat gemeldet, dass sie in Schwarz-Grün-Schwarz antreten werden. Also richtete Lotte den Dress für ihe Spieler. In grünen Hosen und weißen Leibchen sollte das Cup-Halbfinale bestritten werden. Alles war bereit die Shirts mit dem Cup-Aufkleber hergerichtet. Doch dann die Nachricht vor dem Match: Innsbruck spielt in Schwarz-Weiß-Schwarz und für Schiedsrichter Dieter Muckenhammer war schnell klar: Die Austria musste als Gastgeber den Dress wechseln. Klar, Hosen- und Leibchenfarben wurden getauscht, doch auf dem Trikot fehlte der zwingend notwendige ÖFB-Cup-Aufkleber. Und so kam wieder Lotte ins Spiel. Dank ihrer Gründlichkeit hatte sie die im Viertelfinale gegen die WSG Tirol übrig gebliebenen Pickerln fein säuberlich in einer Schublade versorgt. So waren die Kleber schnell bei der Hand und die Aufregung vor dem Match dank Lotte schnell vorrüber. Die Mannschaft dankte es der rüstigen Austria-Dame mit einer kampfbetonten Leistung über – 95 Minuten. „Jetzt fahren wir nach Klagenfurt“, sagte sie noch und verriet: Der „Heilige Antonius“ bekomme von ihr dieses Mal 50 Euro und auch der Mutter Gottes hatte sie einen „Fünfziger“ versprochen. Und was Lotte verspricht, das hält sie auch.

Blumen für Lotte gab es 2017 von der Mannschaft anlässlich des 70. Geburtstages. <span class="copyright">Privat</span>
Blumen für Lotte gab es 2017 von der Mannschaft anlässlich des 70. Geburtstages. Privat

Vorarlberger Woche

Fußball total hieß es diese Woche bislang für einen Alt-Austrianer. Am Montag war Helgi Kolvidsson interessierter Beobachter in Altach und verteilte Lob an Kobras und Co. für deren Sieg über Serienmeister RB Salzburg. Am Tag darauf saß der 48-jährige Isländer schon im Flieger nach Amsterdam, um der Auslosung der Nations-League-Gruppen beizuwohnen. Mit einem Lächeln im Gesicht kam er zurück, denn mit Gibraltar und San Marino ist Liechtenstein in eine Dreiergruppe gelost worden. Selbst für das kleine Fürstentum sind dies Gegner, gegen die man gewinnen kann. Deshalb meinte Teamchef Kolvidsson: „Steigen wir halt auf.“
Vom Spiel in Lustenau war er hellauf begeistert. „Ein echter Derbyfight“, meinte Kolvidsson, der im Stadion wo er viele Jahre als Spieler und Trainer tätig war, altbekannte Freunde wiedertraf. „Da lacht jedes Fußballerherz. Für mich ist das eine tolle Vorarlberger Woche.“ Insgesamt sei die Partie durchaus ausgeglichen verlaufen. Die Führung der Austria zur Pause aber sei nicht unverdient gewesen. Gewesen hat ihm dann, wie die Elf von Chefcoach Roman Mählich die zweite Hälfte aufgetreten ist. „Sie haben das Ergebnis souverän verteidigt. Wenngleich Tirol sicher mehr Spielanteile hatte, aber die großen Chancen wurden nicht zugelassen. Eine tolle Mannschaftsleistung.“

Ein stiller Genießer

Während im Stadion der Lärmpegel nach dem Abpfiff kurzzeitig ins Unermessliche stieg, blieb einer schier gelassen. Ganz ruhig kostete er den Moment des Triumphs aus. Zu viele Nackenschläge waren in den vergangenen Monaten zu verdauen, doch jetzt konnte Bernd Bösch sagen: „Wir stehen im Finale!“ Dass er von Beginn an daran geglaubt habe, verriet er nach dem Schlusspfiff. Nur einmal habe sein Atem gestockt: Bei der Rettungstat von Dominik Schierl in der Anfangsphase. Doch nach dem Führungstreffer sei er sich des Sieges eigentlich ganz sicher gewesen. „Dies war das sicherlich wichtigste Match der Austria in den letzten Jahren.“ Bösch erwartet durch den Finaleinzug einen weiteren Schub für den gesamten Verein. Nicht zuletzt auch für das Lizenzansuchen. So hat man seitens der Grün-Weißen einen Antrag für die Bundesliga gestell, als einer von fünf Zweitligavereinen.
Gefeiert wurde in Lustenau noch lange nach dem Schluss, ob im VIP-Raum oder im Austria-Dorf, das aufgrund der Frequenz an die gute, alte Zeit erinnerte. Zwei Helden von 2011, Harald Dürr (41) und Christoph Stückler (39) freuten sich mit den Helden von heute. „Unglaublich, einfach genial“, sagte Dürr. Der Austria-Rekordspieler sprach von einem verdienten Sieg, auch weil man nach der Pause kaum eine Chance zugelassen hat. „Innsbruck war nur bei Standards gefährlich.“