Warum das Zwecklose Teil der Kunst ist

Zeichner und Konzeptkünstler Marbod Fritsch mag keine Klischees, dafür umso mehr Bukarest und den Fußball.
Bregenz Das unordentlich geordnete Atelier in der Quellenstraße verbreitet eine angenehme Atmosphäre, in der das Gespräch mit Marbod Fritsch über Kunst und Sport zu einer Einheit verschmilzt. Und so ist es nicht einmal der EURO geschuldet, dass dem Thema Ball, ob groß oder klein, viel Aufmerksamkeit gilt. Zumal der Verfasser des Artikels in jungen Jahren noch selbst an der Tischtennisplatte mit des Künstlers Vater (Anm. d. Red.: Waldemar Fritsch), einem der weltbesten TT-Spieler in den Fünfzigerjahren des vorigen Jahrhunderts gegenüberstand. Das Gefühl für Ballsportarten hat sich natürlich auf seinen Sohn übertragen, zumal Waldemar auch für SW Bregenz in der Staatsliga Fußball spielte. Und so verwundert nicht, dass Sohn Marbod (57) immer wieder als Zuschauer in Altach anzutreffen ist – und die EM-Termine „gebucht“ hat. Fußball ist seine Leidenschaft, gibt er heute zu. Selbst gespielt, ohne aber je die Leichtigkeit und Genialität der Fußball-Künstler zu erlangen.
Ein Faible für Underdogs
Damit aber hat er schon seine Probleme. Fußballer und Künstler – das passt für ihn nicht zusammen. Diesbezüglich, so gibt er gerne zu, sei er ein wenig konservativ. Es ist das Zwecklose, das der Bregenzer als Teil der Kunst bezeichnet. Und auf den Fußball bezogen, sagt er ohne Umschweife: „Ein Manfred Fischer (Anm. d. Red.: Altach-Spieler) ist kein Künstler, er ist ein Arbeiter. Gerade das Spiel mit dem Ball aber lässt mehr Raum für Interpretation. So kann Fritsch dem ewig jungen Duell „David vs. Goliath“ einiges abgewinnen, denn: „Die Geschichten, die daraus entstehen bilden das Leben ab.“ Fußball ist für den Konzeptkünstler mehr als nur Taktik, es ist Leidenschaft. Und so hat er ein Faible für Underdogs entwickelt.
„Österreich wird das erste Spiel gewinnen, das zweite verlieren, das dritte entscheidet.“
Marbod Fritsch, Zeichner und Konzeptkünstler
Dazu zählt für ihn auch Österreich, und doch hat er seine eigene Vorstellung der anstehenden Gruppenphase: „Spiel eins gewinnen wir, in Holland verlieren wir und das letzte Match wird zum Entscheidungsspiel.“ Nur allzu gerne hätte er dabei die Mannschaft in Bukarest vor Ort angefeuert. Vor einem Jahr noch wäre er beim Termin des Nordmazedonien-Spiels in der rumänischen Hauptstadt gewesen. In diesem Jahr wird er erst wieder im August nach Rumänien reisen, um dann eine Ausstellung für 2022 vorzubereiten.
Es war seine Arbeit an der Wiener Schule für Kunsttherapie, die ihn nach Bukarest brachte. Für den Suchenden, der über ein Wirtschafts- und Jus-Studium erst 1992 an der Universität für angewandte Kunst Wien bei Grete Rader-Soulek, Sepp Moosmann und Beverly Piersol (Meisterklasse für Tapisserie) einen Platz erhielt, eine neue Erfahrung. Anfangs noch zögerlich angelaufen, spürt er seit der Lehrtätigkeit in Bukarest, wie groß das Interesse der dortigen Kunstszene ist. Und er ist sich sicher: „Therapie in Zeiten der Pandemie wird noch stärker gefragt sein, gerade in Zusammenhang mit Kindern.“ Er selbst ist therapeutisch noch nicht in Erscheinung getreten, dafür lehrt er in Wien wie auch in Bukarest die Therapeuten. Mit durchaus unterschiedlichen Zugängen, wie er erfahren durfte und auch lernen musste. „Anfangs war es so: Wer kam, der hat auch bezahlt. Und in den politisch bewegten Zeiten war es durchaus verbreitet, dass alle auf eine Demonstration strömten und mich alleine ließen.“ Nichtsdestotrotz hat Fritsch Bukarest und seine Bewohner in den gut zehn Jahren lieben und verstehen gelernt. In seiner Arbeitsweise jedoch bleibt er sich treu: „Oft kommen sie zu mir und sagen, sie hätten ein Bild im Kopf. Meine Antwort ist dann immer die gleiche. Gib dem Blatt, dem Pinsel und den Farben eine Chance. Es ist wie ein Film und ein Buch, der Film ist auch immer schlechter. Also lösche das Bild im Kopf. Aber ich sage das ein wenig motivierender.“