Paralympics Tagebuch (2) von Thomas Flax: Erste Tränen sind getrocknet

Sport / 25.08.2021 • 18:35 Uhr
Die Wäsche ist wieder abgeholt. <span class="copyright">Flax</span>
Die Wäsche ist wieder abgeholt. Flax

Die meisten Tage in den letzten vier Jahren waren für mich herausfordernd und anstrengend – körperlich und vom Kopf her. Der Dienstag gehörte sicher auch dazu. Bereits um 16 Uhr versammelte sich Österreichs Paralympics-Team vor der gemeinsamen Unterkunft, die wir uns mit Frankreich, Algerien und dem Team aus dem Irak teilen. Nach vier Stunden des Wartens, Schwitzens und Fotografierens wurden wir für all die harte Arbeit mit dem Empfang und der Eröffnungsfeier im Olympiastadion von Tokio belohnt.
Den ersten emotionalen Höhepunkt bildeten bereits die Menschenmassen, die uns Athleten zujubelten, als wir entlang der abgesperrten Fahrbahnen in einem von hunderten Shuttlebussen unterwegs waren, vom abgeriegelten Paralympischen Dorf zur minutiös durchgetakteten und herzergreifenden Eröffnungszeremonie. Die Rede des IPC-Präsidenten, der vorgetragene Eid vom japanischen Rollstuhltennis-Star Shingo Kunieda, das Entfachen der Flamme und der Slogan „Wir haben Flügel“ sorgten für etliche Tränen der Freude bei mir und meinen Kollegen. Nach dem stundenlangen Geduldsspiel im Regen und der Fahrt retour ins Dorf, kam ich nicht umher, in der durchgängig geöffneten Dining-Hall – sprich Kantine – noch ein frisches und leckeres Sushi zu essen, um dann überglücklich und todmüde in mein Bett aus Karton zu fallen.

Es kann losgehen

Am Freitag beginnt für mich das Turnier. Gleich in Runde eins treffe ich im Einzelbewerb auf den Südafrikaner Evans Maripa. Normalerweise bin ich chancenlos, denn sein Ranking – um die 30 – lügt. Maripa war vor seiner Verletzung schon unter den Top Zehn der Welt. Er ist spielerisch stark und so ist mein Ziel, einfach nur richtig gut zu spielen. Ich fühle mich super, genieße es, hier zu spielen und ich bin topfit. Ausreden gibt es also keine, zumal ich noch nie so gut drauf war. Das will ich zeigen, auch wenn ich eigentlich nicht gewinnen kann.
Ganz anders ist die Situation im Doppel. Da warten auf meinen Partner Nico Langmann und mich die Spanier Enrique Siscar Meseguer und Francesc Tur. Beide sind niveaumäßig auf Augenhöhe. In Runde zwei würden die Olympiasieger von Rio warten. Das würde bedeuten, dass wir am Centercourt spielen würden. Für mich wäre das der schönste Abschluss meines Projekts Paralympics 2021. Deshalb werden wir gegen die Spanier unser Herz auf dem Platz lassen.