Fußballer mit großer Klappe und goldenen Füßen

Sport / 26.12.2021 • 19:00 Uhr
Fußballer mit großer Klappe und goldenen Füßen
Zlatan Ibrahimovic zeigt sich im hohen Fußballeralter wieder in Topform. Ans Aufhören denkt er nicht: Sein Ziel ist die WM-Teilnahme in Katar. ap

Auch mit seinen 40 Jahren ist der Schwede Zlatan Ibrahimovic als Legionär beim AC Milan noch brandgefährlich.

Malmö „Du kannst einen Jungen aus Rosengård herausholen, Rosengård aber nicht aus einem Jungen“ – dieses Ibrahimovic-Zitat prangt in der Nähe des Zlatan Court an einer Brücke direkt an der Bahnstation Rosengård.


Dort, wo einst der berühmteste Fußballer des Landes mit seinen Freunden kickte, rennen zwei Jungen einem Lederball hinterher. Ein hohles „Klong“ ertönt, als der jüngere den Ball in das eiserne Tor schlenzt. Das Echo hallt noch zwischen den Wohnblocks nach, als die beiden auf dem grauen Belag schon wieder in Richtung des anderen Tors rennen – hin und her, hin und her. Der Name „Ibrahimovic“ schallt an diesem Nachmittag zwar nicht von dem Bolzplatz zwischen all den ockergelben Wohnkomplexen. Die beiden Jungen rufen heute die Namen Mbappé und Ronaldo, auf dem Spielplatz daneben trägt ein kleiner Junge ein argentinisches Messi-Trikot. Doch bis heute ist „Ibra“ unzertrennlich mit dem Viertel verbunden.
„Hier ist mein Herz. Hier ist meine Geschichte. Hier ist mein Spiel. Bringt es weiter“, steht auf einer Plakette am Zlatan Court, wie der von ihm selbst eingeweihte Platz am Cronmans-Weg offiziell heißt. Davor sind die riesigen Füße von Ibrahimovic in einem sternförmigen Betonabdruck verewigt – die Füße, die den Stürmer in die große, weite Fußballwelt getragen haben.

Unbeeindruckt vom Zahn der Zeit

Nun ist Ibrahimovic – das zweifelsohne berühmteste Kind Rosengårds – schon 40 Jahre alt. Im Fußball gilt das mitunter schon als Greisenalter. Viele Titel, mehr als 500 Pflichtspieltore und fast genauso viele aufsehenerregende Sprüche prägten seinen Weg nach oben.
Ibrahimovic wurde bei Malmö FF nur wenige Kilometer von Rosengård entfernt groß, bei Ajax Amsterdam größer und schließlich zum beidfüßigen Superstar – der mit viel Eigensinn, der Technik eines Straßenfußballers und manchmal akrobatisch in Kung-Fu-Manier aus den unmöglichsten Situationen Tore erzielte. Er gewann Titel in fünf europäischen Ländern, in seiner Zeit bei Inter Mailand galt er als bestbezahlter Kicker der Welt.

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Ein Mann der Kontroverse

Das Verhältnis zu seiner Heimat ist wie so vieles bei Zlatan Ibrahimovic: kontrovers. Mal warf er seinen Landsleuten zwischen den Zeilen Rassismus vor, mal platzte er vor Stolz, das blau-gelbe Nationaltrikot zu tragen. „Ich bin kein typischer Schwede, aber ich habe Schweden auf die Landkarte gebracht“, tönte er einmal.

Das Verb „zlatanera“ schaffte es ins schwedische Wörterbuch und beschreibt, wenn man etwas völlig dominiert. In Malmö bauten sie ihm eine Statue – die dann regelmäßig demoliert und beschmiert wurde, nachdem Ibrahimovic als Anteilseigner beim Stockholmer Club Hammarby eingestiegen war.

Katar als goßes Ziel

„Zuallererst ist er ein ziemlich guter Fußballspieler, der beste, den wir in Schweden gehabt haben“, erklärte Nationaltrainer Janne Andersson eher nüchtern, als er Ibrahimovic Ende März in die Auswahl zurückholte. Ärgerlich, dass ihn dann eine Knieverletzung ausgerechnet nach der Rückkehr in die Nationalmannschaft kurz vor der Fußball-EM stoppte. Für Schwedens Rekordtorschützen und zwölfmaligen Fußballer des Jahres ist das aber keineswegs ein Grund aufzuhören.
„Ich will zur WM nach Katar“, stellte er jüngst in einem Interview der Zeitung „Corriere della Sera“ klar. Mit den Schweden ringt er in den Playoffs im März 2022 um das WM-Ticket.

Testosteron und Selbstvertrauen

Ibrahimovics Weg zum Topstar war gepflastert mit einer riesigen Portion Selbstvertrauen und ordentlich Testosteron. „Zlatan ist auch nur ein Mensch. Genauso wie ein Weißer Hai nur ein Fisch ist“, erklärte er 2014 über sich. Es ist nur einer von unzähligen Sprüchen, die seine Karriere begleitet haben und seinen Mythos nähren. Juventus, Inter, FC Barcelona, AC Mailand, Paris Saint-Germain, Manchester United: Ibrahimovic hat in vier der fünf großen Fußballligen für einige der größten Clubs der Welt gespielt. Nur die Bundesliga fehlt ihm in dieser Hinsicht.
Nicht immer war die Zusammenarbeit mit dem Schweden einfach. Als eine misslungene Station seiner Karriere gilt insbesondere die beim FC Barcelona. Vor allem mit Star-Trainer Pep Guardiola kam der Schwede nicht klar. Glücklicher wurde Ibrahimovic, der Sohn eines gebürtigen Bosniers und einer gebürtigen Kroatin, schließlich in Italien. Nachdem er zwei Jahre für LA Galaxy in den USA auf Torejagd ging, kehrte er Anfang 2020 wieder nach San Siro zurück.

Wenn “Gott” beim Papst weilt

„Mailand hatte niemals einen König, sie haben einen GOTT“, bekräftigte er in den sozialen Netzwerken bei seinem Wechsel. Für den AC Mailand knipst er nach länger anhaltenden Verletzungsproblemen seit einigen Wochen wieder wie ein Jungspund. Unlängst ließ er die Hoffnung durchblicken, sogar für den Rest seines Lebens in Mailand bleiben zu können.
Letztens ist der selbsternannte „Gott“ beim Papst gewesen. Breit grinsend ließ sich der Schwede mit Papst Franziskus ablichten. Ob er selbst an Gott glaube? „Nein. Ich glaube nur an mich selbst“, sagte er dem „Corriere della Sera“. Trotz seines ungeheuren Selbstbewusstseins ist aber auch ein Ibrahimovic nicht vor Sorgen gefeit.
„Ich weiß nicht, was mich nach dem Fußball erwartet. Für dieses neue Kapitel meines Lebens bin ich noch nicht bereit“, sagte Ibrahimovic zuletzt in der italienischen TV-Sendung „Che tempo che fa“. Und schob hinterher: „Und davor habe ich etwas Angst.“