Die Analyse von Dieter Alge: etwas die Balance verloren

Sport / 08.03.2022 • 18:30 Uhr
Die Analyse von Dieter Alge: etwas die Balance verloren
Dieter Alge (55) ist Fußballtrainer mit Erfahrung im Profi-, Amateur- und Nachwuchsbereich.

Es war ein starker Aufstritt der Austria in den ersten 60 Minuten im Spitzenspiel gegen den Floridsdorfer AC. Die Elf von Trainer Markus Mader ließ vor allem im ersten Spielabschnitt wenig zu und führte zurecht mit 1:0. Bei besserer Chancenauswertung hätte die Partie bereits vor der Pause entschieden sein müssen. Dann jedoch wehrte sich der FAC: Für mich erstaunlich, wie die Wiener nach der Halbzeit ins Spiel zurückkamen und mit ihrer unangenehmen, zum Teil harten Gangart die Grün-Weißen aus ihrem Spielrhythmus brachten.

Mader vertraute seinem bewährten System und ließ seine Mannschaft in einer 4-2-3-1-Grundordnung spielen. Sein Gegenüber, FAC-Coach Mitja Mörec agierte gegen den Ball in einem 4-4-2, in der Offensive wurde auf ein 4-3-3 umgestellt. Für mich war die Austria in den ersten 45 Minuten nicht nur spielbestimmend, sondern auch technisch und läuferisch dem Gegner überlegen. Es hat mir gefallen, wie flexibel im Mittelfeld gespielt wurde und wie die Flügelspieler ständig für Druck sorgten. Die Abwehr-Viererkette mit den Innenverteidigern Matthias Maak und Jean Hugonet war gut organisiert und im Spielaufbau konnten mit schnellem Passspiel die Linien des Gegners überspielt werden. Auffällig im Spiel der Austria, dass die beiden „Sechser“ Pius Grabher und Brandon Baiye durch ihre hohe Laufbereitschaft und ihr ständiges anbieten für viel Ballbesitz sorgten. Dieses Duo war für mich Hauptgrund für die Spieldominanz der Lustenauer. Herausragend wie Baiye den Führungstreffer einleitete, Grabher hatte gar die Vorentscheidung auf dem Fuß. Sehr gut funktionierte zudem das situative Pressing bzw. Gegenpressing. Hier konnten viele Balleroberungen erzielt werden, die die eine oder andere Torchance ermöglichte.

Die Geduld fehlte

Halbzeit zwei begann, wie die erste endete. Viel Druck kam erneut über Austrias Außenspieler Muhammed Cham und Michael Cheukoua. Die Räume in der Tiefe wurden gut angelaufen bzw. bespielt. Im Torabschluss fehlte jedoch oftmals die letzte Konsequenz. Doch mit dem Ausgleich nach einer Standardsituation war es mit der Dominanz vorbei. Der Spielplan der Gäste zeigte nun Wirkung. Hinten stabil stehen und vorne auf die nächste Chance lauern. Und diese kam in der 78. Minute durch einen verwandelten Elfmeter.
Spätestens zu dem Zeitpunkt haben für mich die Spieler der Austria etwas den Kopf verloren. Ich hätte mir mehr Geduld und Ruhe erwartet. Anstelle Ball und Gegner laufen zu lassen, wurden immer wieder Eins-gegen-Eins-Duelle gesucht. Und da hatte der FAC in der Schlussphase mehr Durschlagkraft. Für mich hat an diesem Abend nicht das bessere, sondern das klügere Team gewonnen. Diese Niederlage kann für die Austria auf dem Weg zum Titel nur lehrreich sein.