Verstappen deklassiert den Rest

„Zum Genießen“, „Überragend“ – bei WM-Leader Max Verstappen hilft nur noch die Superlative.
Spa-Francorchamps Wenn die besten Piloten der Welt schon keine große Herausforderung mehr sind, musste Max Verstappen zumindest sein Team vor knifflige Aufgaben stellen. „Wie wäre es“, funkte der Formel-1-Dominator also, während er dem souveränen Sieg beim Großen Preis von Belgien entgegeneilte, „wenn ich einfach nochmal in die Box komme? Dann könnt ihr ein bisschen üben.“
Sein Ingenieur Gianpiero Lambiase konterte den flapsigen Spruch mit einem „diesmal nicht“ – und nahm den Weltmeister wenig später lächelnd in den Arm, um ihm zum achten Sieg in Serie zu gratulieren. Verstappen und Red Bull sind in dieser Saison in ihrer eigenen Liga unterwegs, das machte der überlegene Erfolg in Spa wieder einmal deutlich.
Sommerpause
„Was für ein unglaubliches Rennen, überragend“, sagte Verstappen nach seinem insgesamt 45. Sieg in der Königsklasse glücklich: „Wir wissen, dass wir ein sehr gutes Auto haben. Wir haben einfach die richtigen Entscheidungen getroffen.“
Mit einem Vorsprung von 125 Punkten auf seinen „ersten Verfolger“ Sergio Perez verabschiedet sich der Überflieger in die Sommerpause – und schon beim Heimspiel Ende August in Zandvoort kann Verstappen eine Bestmarke knacken. Holt er dort seinen neunten Erfolg nacheinander, zieht er mit Sebastian Vettel gleich, dem eine solche Serie im Jahr 2013 gelungen war.
Nur eine Frage
Für Red Bull war es der zwölfte Sieg im zwölften Saisonrennen, zehn davon gehen auf Verstappens Konto, zwei holte der Mexikaner Perez, der am Sonntag in Spa Platz zwei belegte. Rang drei ging an Ferrari-Pilot Charles Leclerc (Monaco). Bei noch zehn offenen Rennen ist die spannendste Frage, wann Verstappen seinen dritten Titel nacheinander perfekt machen wird. „Es war ein gutes Rennen für das Team, gegen Max war kein Kraut gewachsen, aber wichtig war, die Punkte zu holen“, sagte Perez: „Mein Ziel ist es, in jedem Rennen aufs Podium zu fahren.“
Sieg im Sprintrennen
Davon ist Nico Hülkenberg weit entfernt. Der Emmericher, der wegen technischer Probleme und falscher Entscheidungen seines Haas-Teams ein schwieriges Wochenende hatte, belegte den 18. Platz. Nach dem Austausch einiger Teile war er aus der Boxengasse als Letzter losgefahren.
Einen ungewohnten Startplatz hatte auch Verstappen, der zwar im Qualifying klar der Schnellste war, aber wegen eines Getriebewechsels fünf Plätze nach hinten versetzt wurde. Das störte ihn allerdings keinesfalls. Verstappen fuhr schnell vom sechsten auf den vierten Platz vor, während Teamkollege Perez den führenden Leclerc gleich in der ersten Runde überholte und sich absetzte. Gut für Perez: Verstappen, der am Samstag den Sprint gewonnen hatte, saß ihm zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Nacken, der Weltmeister musste zunächst an Rekordchampion Lewis Hamilton (GBR/Mercedes) und eben Leclerc vorbei. Nach neun Runden hatte Verstappen diese Aufgaben gelöst, fortan machte sich der 25-Jährige auf die Jagd nach seinem Teamkollegen.
Auf das Hickhack mit Lambiase, der ihn aufgefordert hatte, die Reifen zu schonen („Benütze den Kopf ein bisschen mehr“), ging Verstappen nur indirekt ein. „Die Strecke ist sehr hart für die Reifen, deshalb will man nichts Unnötiges tun“, meinte er. „Unser altes Ehepaar“, scherzte Red-Bull-Konsulent Helmut Marko über die seit Jahren eingespielte Paarung.
Schreckmoment
Nicht zum Faktor wurde diesmal das launische Wetter. Nach viel Regen am Freitag und Samstag und einer Debatte um die Sicherheit auf nasser Strecke blieb es im Rennen weitgehend trocken. Zwei tödliche Unfälle bei Nachwuchsrennen in Spa in den vergangenen Jahren, die Bilder von riesigen Gischtwolken hinter den schweren Formel-1-Autos und die Angst vor Unfällen im Blindflug hatten zu Diskussionen geführt. Doch das befürchtete Chaos blieb aus. Nur der heftige Wind störte Verstappens einsame Fahrt ein wenig. „Ich muss das Lenkrad wirklich festhalten“, meldete er.
Der einzige Makel an diesem Sonntag: Den Extrapunkt für die schnellste Rennrunde musste Verstappen Hamilton überlassen.
„Ich wusste, dass wir ein gutes Auto haben. Es ging nur darum, die erste Kurve zu überleben.“

