Deutschland-Eroberung durch NFL-Deutschland

Sport / 03.11.2023 • 18:35 Uhr
Alexander Steinforth (r.) General Manager NFL Deutschland sprach mit Pfanner.afp
Alexander Steinforth (r.) General Manager NFL Deutschland sprach mit Pfanner.afp

Eine Expansion, bei der die NFL nichts dem Zufall überlässt.

Frankfurt Am Sonntag steigt in Frankfurt zwischen Miami und Kansas City das 42. „Regular Season“-Spiel der National Football League (NFL), welches außerhalb der US-Staatsgrenzen stattfindet. Dieser Umstand ist insofern besonders, als dass es lange keine kohärente Strategie der NFL gab, um die in den Vereinigten Staaten enorm beliebte Liga auch international zu popularisieren.

Mit dem Start der „International Games“ 2007 änderte sich das. Alle vorherigen Versuche, wie z.B. die Durchführung von Vorbereitungsspielen oder gar der Etablierung einer eigenen Liga wie der NFL Europe scheiterten an der Kontinuität der Umsetzung. Gerade die NFL Europe als Experiment einer „Development League“ wo zweit- und drittklassige US-Amerikaner mit ein paar Europäern auf unserer Seite des Atlantiks Football spielten, war letztlich ein Hunderte Millionen Euro schweres Finanzdesaster für die NFL. Und die NFL hasst wenig Dinge mehr als Geld zu verlieren.

Um die „International Series“ überhaupt Realität werden zu lassen, bedurfte es entsprechend einiges an Überredungskunst, insbesondere gegenüber den 32 – allesamt milliardenschweren – Teambesitzern. Denn der Wert eines jeden der mittlerweile 272 durchgeführten Spiele in der „Regular Season“ beläuft sich allein schon vor Ort auf weit über 100 Millionen Dollar, TV-Rechteeinnahmen, Merchandise-Verkäufe und viele andere Umwegrentabilitäten noch gar nicht eingeschlossen. Darum ist es nur verständlich, dass sich die Teambesitzer lange scheuten herauszufinden, ob diese Wertschöpfungen im Ausland ähnlich ausfallen würden.

Eine logische Folge

England bzw. die Stadt London, wo das erste Jahrzehnt bzw. die ersten 17 Spiele der „International Series“ durchgeführt wurden, belehrte die Milliardäre und auch die NFL eines Besseren. Nachdem man dort den Football-Appetit auf dem europäischen Kontinent mit „echten“ Spielen angefacht hatte, war die Expansion in Richtung zweitgrößter Markt Deutschland nur eine logische Schlussfolgerung.

Auftritt: NFL Deutschland

Um in Deutschland möglichst schnell Fuß zu fassen, wurden 2016 eigene „NFL Deutschland“-Social Media-Kanäle kreiert, im Dezember 2021 wurde verlautbart, dass Alexander Steinforth als General Manager künftig die NFL-Geschicke in Deutschland verantworten würde, vor vier Wochen wurde in Düsseldorf eine opulente Geschäftsstelle eröffnet, die künftig mehr als zwei Dutzend Mitarbeitern beherbergen wird.

Und die NFL wäre nicht die NFL, wenn sie bei ihrer Internationalisierung etwas dem Zufall überlassen würde. Mitarbeiter, die sich exklusiv dem Management von Social Media Influencern widmen, um Reichweite zu kreieren, sind da nur die Spitze des Eisbergs. Auch deswegen kommt der Rückenwind, den die NFL in Deutschland aus Sport, Politik und Wirtschaft erfährt, nicht ganz von ungefähr. Mit RTL setzt man seit dieser Saison auf einen neuen Rechte-Partner. Zwar lassen dort die TV-Quoten noch etwas zu wünschen übrig, allerdings gibt es mit Sonderformaten im Kinderfernsehen oder im Radio insgesamt eine deutliche höhere Durchdringung als bei den letzten Rechteinhabern. Die Formel freie Verfügbarkeit gepaart mit hoher medialer Aufmerksamkeit führte dann auch dazu, dass es für die 48.000-Mann-Arena in Frankfurt insgesamt satte eineinhalb Millionen Ticketanfragen gab.

Für all die 1,452 Millionen, die dabei leer ausgegangen sind, wird das Spiel Dolphins vs Chiefs live auf RTL und DAZN zu sehen sein.

Martin Pfanner ist selbstständiger Journalist,
TV-Kommentator und
Sendungsproduzent. Er arbeitet u.a. für PULS 24 und das Streaming-Portal DAZN. American Football und Eishockey sind seine großen Passionen.