Ein Provisorium mit Charakter

Sport / 06.11.2023 • 21:31 Uhr
Die Stimmung auf der Nordtribüne war über Jahre das Alleinstellungsmerkmal der grün-weißen Austria.Gepa
Die Stimmung auf der Nordtribüne war über Jahre das Alleinstellungsmerkmal der grün-weißen Austria.Gepa

Am Samstag wird zum letzten Mal im alten Reichshofstadion Fußball gespielt. Dann übernehmen die Bagger.

Lustenau Wenn am Samstag kurz vor 19 Uhr der Schlusspfiff der Partie Austria Lustenau gegen den WAC ertönt, werden unabhängig vom sportlichen Ergebnis dem einen oder anderen Austrianer Tränen über die Backen kullern. Denn es wird auch der Schlusspfiff für das alte Reichshofstadion sein, mit dem die grün-weißen Anhänger viele Erinnerungen und Emotionen verbinden. Danach werden die Nord- und Südtribüne abgerissen, der Rasen entfernt und später weiter westlich wieder aufgebaut.

Vor 28 Jahren wurde die Haupttribüne inklusive Glashaus eröffnet. Ein Jahr später folgte der erstmalige Aufstieg in die Bundesliga. Um die Kapazität zu erweitern, wurden damals kurzfristig drei provisorische Tribünen errichtet. Nur die Osttribüne musste nach Anrainerprotesten wieder abgebaut werden.

Liverpool war zwei Mal da

Ansonsten ist im vergangenen Vierteljahrhundert die Zeit beinahe stehen geblieben im Austria-Dorf. Seit rund zehn Jahren gab es bereits Neubaupläne rund um die Heimstätte des langjährigen Zweitligisten. Doch der Konflikt mit einer Nachbarin, politische Diskussionen über Standort und Finanzierung sorgten immer wieder für einen Aufschub des Projektes. 2018 wurde im Rahmen eines Architekturbewerbes der Neubau präsentiert, doch es brauchte erneut den sportlichen Druck durch den zweiten Aufstieg der Vereinsgeschichte, um das Projekt zu realisieren. Nun ist es soweit, noch im November werden die inzwischen 25 Jahre alten provisorischen Tribünen abgerissen, sie machen einem modernen Betonsockel Platz, der in L-Form an die bestehende Haupttribüne andocken wird.

Am kommenden Wochenende bleibt Zeit, um zurückzublicken auf Hunderte Austria-Heimspiele, von denen sich einige in das kollektive Austria-Gedächtnis eingebrannt haben. Die ersten Bundesligaspiele, die von Vorarlberger Fußballpublikum regelrecht gestürmt wurden. Dazu lieferte die Austria in ihrer alten Heimat Cup-Schlachten wie jene im Halbfinale 2020 gegen Wacker Innsbruck. Mit dem Aufstieg in die Bundesliga schloss sich ein Kreis für die Nordtribüne. Das Stahlkonstrukt wurde für die höchste Spielklasse errichtet und wird ob der Bundesligavorgaben für diese wieder abgerissen.

Doch das Reichshofstadion war während seines Bestehens nicht nur für die Austria eine Heimat. Ortsrivale FC Lustenau bestritt ab 2006 seine Heimspiele in der 2. Liga ebenfalls im Stadion neben dem Rhein. Außerdem war das Reichshofstadion zwei Mal Schauplatz des Freundschaftsspiels FC Liverpool gegen Bayer Leverkusen (2001, 2005). Die Deutschen testeten hier 2002 auch gegen Galatasaray Istanbul.

Das Highlight waren sicher die Derbys gegen Bregenz, als wir vor einer unglaublichen Kulisse gespielt haben. Wir hatten in der 2. Liga fast grundsätzlich mehr Zuschauer als andere Mannschaften, das hat das Reichshofstadion immer ausgezeichnet. Ich kann mich an das Heimspiel 2012 gegen den WAC erinnern, da kamen unter der Woche über 6000 Fans. Harald Dürr, Austria-Rekordspieler

Das Highlight waren sicher die Derbys gegen Bregenz, als wir vor einer unglaublichen Kulisse gespielt haben. Wir hatten in der 2. Liga fast grundsätzlich mehr Zuschauer als andere Mannschaften, das hat das Reichshofstadion immer ausgezeichnet. Ich kann mich an das Heimspiel 2012 gegen den WAC erinnern, da kamen unter der Woche über 6000 Fans. Harald Dürr, Austria-Rekordspieler

Am meisten in Erinnerung bleibt mir das Cup-Halbfinale gegen Wacker Innsbruck 2020. Es herrschte immer eine unvergleichliche Atmosphäre, die Nordtribüne hat ob ihrer Resonanz in Österreich Bekanntheit erlangt. Natürlich ist beim Abschied Wehmut dabei, aber es wird Zeit, dass etwas Neues kommt. Florian Matt, Stadion­sprecher von 2010 bis 2023

Am meisten in Erinnerung bleibt mir das Cup-Halbfinale gegen Wacker Innsbruck 2020. Es herrschte immer eine unvergleichliche Atmosphäre, die Nordtribüne hat ob ihrer Resonanz in Österreich Bekanntheit erlangt. Natürlich ist beim Abschied Wehmut dabei, aber es wird Zeit, dass etwas Neues kommt. Florian Matt, Stadion­sprecher von 2010 bis 2023

Im Stadion treffe ich immer wieder liebe Menschen aus allen Regionen Vorarlbergs. Ich habe schon einen Quadratmeter Rasen bestellt, den werde ich im Garten ausstellen. Die Aufstiegsfeier 2022 war das schönste Erlebnis, die Derbyniederlage gegen Bregenz mit dem Ex-Austrianer Eric Regtop der Tiefpunkt. Albert Lingg, Primar und Austria-Fan

Im Stadion treffe ich immer wieder liebe Menschen aus allen Regionen Vorarlbergs. Ich habe schon einen Quadratmeter Rasen bestellt, den werde ich im Garten ausstellen. Die Aufstiegsfeier 2022 war das schönste Erlebnis, die Derbyniederlage gegen Bregenz mit dem Ex-Austrianer Eric Regtop der Tiefpunkt. Albert Lingg, Primar und Austria-Fan

Zum ersten Mal war ich 1989 im Reichshofstadion, als Siebenjähriger habe ich begonnen, Fußball zu spielen. Daran kann ich mich noch gut erinnern. Auf den Rängen habe ich tolle Spiele erlebt, zum Beispiel den 4:0-Sieg gegen Rum 1994 in der Regionalliga, der den Weg in den Profifußball geebnet hat, oder das erste Heimspiel in der Bundesliga. Das Reichshofstadion inklusive Austria-Dorf hatte stets eine eigene Atmosphäre. Es war Fußball pur. Vincent Baur, Geschäftsführer Austria

Zum ersten Mal war ich 1989 im Reichshofstadion, als Siebenjähriger habe ich begonnen, Fußball zu spielen. Daran kann ich mich noch gut erinnern. Auf den Rängen habe ich tolle Spiele erlebt, zum Beispiel den 4:0-Sieg gegen Rum 1994 in der Regionalliga, der den Weg in den Profifußball geebnet hat, oder das erste Heimspiel in der Bundesliga. Das Reichshofstadion inklusive Austria-Dorf hatte stets eine eigene Atmosphäre. Es war Fußball pur. Vincent Baur, Geschäftsführer Austria

Die schönste Erinnerung ans alte Reichshofstadion verbinde ich mit dem 2:0-Sieg gegen Meister Austria Salzburg bei unserem ersten Bundesligaspiel 1997. Ich weiß noch genau, wie Sammy Kojoe und Tamas Tiefenbach ihre Tore erzielten. Unvergessen bleibt für mich auch, wie wir als Landesligist die Aktion „Sei dabei“ im Derby gegen den FC das Stadion füllten. Traurig war ich als Bub, als ich meinen Kommunionstag im Stadion verbrachte und wir gegen den Ortsrivalen verloren. Damals durften wir bei den Knaben auf dem Hauptplatz nur spielen, wenn das Wetter gut war.Hubert Nagel, Austria-Präsident 1997 bis 2019

Die schönste Erinnerung ans alte Reichshofstadion verbinde ich mit dem 2:0-Sieg gegen Meister Austria Salzburg bei unserem ersten Bundesligaspiel 1997. Ich weiß noch genau, wie Sammy Kojoe und Tamas Tiefenbach ihre Tore erzielten. Unvergessen bleibt für mich auch, wie wir als Landesligist die Aktion „Sei dabei“ im Derby gegen den FC das Stadion füllten. Traurig war ich als Bub, als ich meinen Kommunionstag im Stadion verbrachte und wir gegen den Ortsrivalen verloren. Damals durften wir bei den Knaben auf dem Hauptplatz nur spielen, wenn das Wetter gut war.Hubert Nagel, Austria-Präsident 1997 bis 2019