Zwischen Demut und Katar-Gefühlen

Österreichs Teamspieler über die richtige Einordnung der Lobeshymnen und die deutsche Opferrolle.
Schwarzach Selbst der sonst teilweise unnahbar wirkende ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick sprühte nach dem glanzvollen Abschluss des Länderspieljahres mit dem 2:0-Erfolg seiner Schützlinge gegen die Nationalmannschaft seines Heimatlandes Deutschland. „Ich liebe meine Jungs, ich liebe diese Mannschaft“, entlockte die Darbietung von Alaba und Co gegen den vierfachen Weltmeister selbst dem 65-jährigen Disziplinmenschen ungewohnte Töne. Es war wohl die Art und Weise des Sieges, die Rangnick nicht nur innerlich jubeln ließ, sondern die den Fußball-Professor schlichtweg begeisterte. Nicht nur, dass die Deutschen erstmals seit 1931 zweimal in Folge geschlagen wurden, Österreich hatte das Spiel während der 90 Minuten in jeder Phase unter Kontrolle.
Es war zu Zeiten des Wunderteams mit Matthias Sindelar, als Österreich Deutschland in zwei aufeinanderfolgenden Länderspielen mit 6:0 bzw. 5:0 aus dem Stadion fegte. Klar, 92 Jahre später lesen sich die Ergebnisse (2:1, 2:0) – zumindest war die Höhe des Resultats betrifft – angenehmer, doch beim großen Bruder herrscht ob des Auftritts in Wien große Aufregung. Denn nach dem vierten Spiel, mit der zweiten Niederlage, unter Neo-Bundestrainer Julian Nagelsmann sind die Zweifel groß, dass der Gastgeber der EURO 2024 die Erwartungen nicht erfüllen wird können. Die Worte des 36-Jährigen nach der Pleite von Wien trafen deshalb den Nerv eines gedemütigten Fußballvolkes. „Mehr Miteinander und Drecksackmentalität, weniger absurde Ballverluste und raus aus der Opfermentalität – das bringt nichts.“
Für VFV-Präsident Horst Lumper, zugleich Mitglied des ÖFB-Präsidiums, war es ein „spezieller Abend“, den der 62-Jährige nur via TV mitverfolgte. Dieses spürbare Zusammengehörigkeitsgefühl sowie der unbedingte Wille, selbst wenn es spielerisch nicht läuft, alles auf dem Platz zu lassen, imponiert dem Bregenzer aktuell besonders. Aber es ist auch eine gewisse Demut, die die Nationalspieler derzeit an den Tag legen, die die Spieler bei den Fans gut ankommen lässt. „Wir haben eine klare Spielphilosophie, einen klaren Plan, den wir umsetzen, dem wir folgen“, bringt es Marcel Sabitzer, stellvertretend für seine Mitspieler, auf den Punkt. Dafür verantwortlich, das weiß auch Lumper, ist vor allem einer: Teamchef Ralf Rangnick. Dabei, so verrät er, sei die Verpflichtung gar nicht so unumstritten gewesen. Für Lumper war es nicht zuletzt ein Verdienst des inzwischen zurückgetretenen ÖFB-Präsidenten Gerhard Milletich, Rangnick trotz Bedenken einiger Präsidiumsmitglieder als Teamchef zu installieren. „Die Art, wie er Fußball spielen lässt, wie er mit den Spielern kommuniziert“, so Lumper, „ist erfrischend.“ Dennoch warnt er nun davor, das Team als EM-Favoriten einzustufen. Das jedoch wissen auch die Spieler, oder wie es Michael Gregoritsch ausdrückt: „Wichtig ist, dass jeder Einzelne im Land einordnen kann, dass wir in Deutschland nicht Favorit sind, sicher nicht Mitfavorit und sicher auch nicht Geheimfavorit.“
Einer, der selbst Spiele gegen Deutschland miterlebt hat, 0:3 im EURO-Jahr 2008 über 90 Minuten und 0:1 dann bei der EM im eigenen Land auf der Bank, ist Altach-Trainer Joachim Standfest. Und der 43-Jährige outete sich ob der Aggressivität und des Pressings sowie des schnellen Aufbaus als Fan der aktuellen Spielweise des Nationalteams. „Es macht einfach Spaß zu sehen, wie die Mannschaft als Einheit agiert. Ich traue ihr viel zu.“ VN-cha


Ich finde, dass Deutschland eine schwächere Partie gespielt hat, als man es von ihnen gewohnt ist.
Die Österreicher hingegen haben auf dem Spielfeld performt. Wenn Österreich bei der Europameisterschaft so spielt, könnte es eine positive Platzierung für Österreich werden.
Ernst Stecher, 72, Dornbirn

Die Leistung der Österreicher war sehr positiv. Die rote Karte der Deutschen hat den Österreichern natürlich beim Sieg geholfen, obwohl man die starke spielerische Leistung der Österreicher nicht unerwähnt lassen sollte. Zum aktuellen Zeitpunkt ist es schwer zu sagen, wie die Österreicher bei der EM 2024 abschließen werden. Ich denke aber, der zweite oder dritte Platz wäre schon möglich.
Franz Wittwer, 67, Gaschurn

Ich finde, der Sieg der Österreicher hatte bei dieser Partie nicht sehr viel zu bedeuten, da die Deutschen in den letzten Partien ziemlich schwach sind. Deutschland liefert aktuell keine guten Spiele. Die Platzierung der Österreicher ist deswegen bei der EM sehr gruppenabhängig. Wenn die Österreicher gleichklassige Gegner in der Gruppe haben, werden sie es in die K.-o.-Runden schaffen. Bei starken Gegnern in der Gruppenphase werden sie ziemlich sicher ausscheiden.
Jakob Rinner, 17, Egg

Die Österreicher haben dieses Testspiel wirklich verdient gewonnen. Die Mannschaft hat gut miteinander zusammengespielt, was zu einem verdienten Ergebnis geführt hat. Deutschland spielt derzeit eher schwach, weswegen der Sieg vollkomen hochverdient war für Österreich. Ich denke, dass die Österreicher bei der Europameisterschaft eine Platzierung unter den ersten acht ergattern.
Reinhard Hofer, 65, Dornbirn
