Die Erlösung für eine “neue” Austria

Ein Defensivbollwerk bringt Austria Lustenau den ersten Saisonsieg. Der Plan von Andreas Heraf ist aufgegangen.
Innsbruck Viel wurde im Vorfeld über die defensive Ausrichtung des neuen Austria-Trainers Andreas Heraf gesprochen. Im ersten Spiel gegen die WSG Tirol wurden die Lustenauer diesen “Vorschusslorbeeren” gerecht und wurden dafür sogar mit einem wichtigen Auswärtssieg belohnt. “Es ist genauso gelaufen, wie wir es geplant gehabt haben”, sagte Heraf nach der Partie. Wie erwartet waren die Gäste am Innsbrucker Tivoli mit einer defensiven Fünferkette angetreten. Gegen den Ball verzichtete die Heraf-Elf auf jegliches Pressing und fokussierte sich darauf, die Räume zuzustellen. Bis zur Pause hatten sie mit diesem Ansatz nur einen Torschuss der Tiroler zugelassen, allerdings hatten die Hausherren knapp 80 Prozent Ballbesitz. Mit diesem wusste die WSG aber nicht umzugehen, es entwickelte sich eine Begegnung, die positiv gesehen “von Taktik dominiert” war. Realistisch betrachtet war es ein Spiel, das der österreichischen Bundesliga trotz all ihrer Schwächen nicht gerecht wurde. Aber es waren schließlich die beiden tabellarisch schlechtesten Teams der Liga, die nicht vorhatten, Werbung für den Fußball zu machen, sondern dringend Punkte im Abstiegskampf brauchten.

Diallo spielt keine Rolle
Heraf hatte bis auf den gesperrten Matheus Lins exakt jene Startformation gewählt, die auch im letzten Testspiel in der Türkei mit 1:0 gegen den slowenischen Tabellenführer Celje gewonnen hatte. Für Lins übernahm Darijo Grujcic die linke Innenverteidigerposition. Baila Diallo hatte es nicht in den Kader geschafft, der Franzose setzte die Vorgaben von Heraf in der Vorbereitung nicht zu dessen Zufriedenheit um. Eine spezielle Rolle übernahm Kennedy Boateng, der bei Ballbesitz oder beim eigenen Abstoß weit aus der Fünferkette nach vorn rückte und als Hybridspieler zwischen Abwehr und Mittelfeld fungierte. Bei aller Kritik am fehlenden Offensivgeist der Teams, die ersten drei Minuten gab es immerhin zwei Halbchancen. Nach lediglich 75 Sekunden landete eine Direktabnahme von Pius Grabher in den Armen von WSG-Keeper Adam Stejskal. “Diese Variante haben wir noch am Vortag trainiert”, sagte Heraf. Auf der Gegenseite setzte Wattens-Angreifer Aleksander Buksa einen Kopfball übers Tor (3.).
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Kein einziges Mal versuchten sich die Gäste im Spielaufbau, jeder Ball in den eigenen Reihen wurde lange nach vorn geschlagen, die Austria kam dadurch auf eine Passquote von unter 50 Prozent. Eine Zahl, die im modernen Fußball eine Rarität ist. Dennoch gab es einzelne Möglichkeiten, überwiegend durch Standardsituationen. Auf Seiten der Tiroler setzte Innenverteidiger Osarenren Okungbowa einen Kopfball aus kurzer Distanz neben das Tor (27.), für die Lustenauer vergab Anderson einen Halbvolley nach einer Ecke (35.). Nach der Pause setzte sich das Geschehen unverändert fort, die Ballbesitzphasen der Tiroler wurden sogar noch länger.

Der Treffer zur Führung
Bis zur 74. Minute, dann foulte WSG-Kapitän Valentino Müller tief in der gegnerischen Hälfte Lukas Fridrikas. Und die Lustenauer nutzten den Freistoß aus über 60 Metern wieder dazu, mit allen kopfballstarken Spielern nach vorn zu rücken. Luca Meisl schlug einen langen Ball an den WSG-Strafraum, der zunächst geklärt, aber von Pius Grabher zurück in die Gefahrenzone befördert wurde. Dieses Mal fiel die Klärung von Okungbowa noch schlechter aus und Grujcic traf per Direktabnahme aus 16 Metern genau ins lange Eck zur Führung. Der Spielplan von Heraf war zu diesem Moment punktgenau aufgegangen. Doch es war noch eine Viertelstunde zu spielen, die Tiroler verstärkten ihre Offensivbemühungen und wären beinahe belohnt worden. Boateng konnte gleich zwei Versuche von Bror Blume im Fünfmeterraum abblocken (82.), auch Okungbowa brachte die Kugel aus kurzer Distanz nicht im Lustenauer Kasten unter (88.). Die Nachspielzeit war dominiert von Hektik, die Austria stemmte sich mit allem, was sie hatte, gegen die limitierten Tiroler. In der letzten Sekunde gelang Namory Cisse im Konter sogar noch der zweite Treffer. Der Joker sah im Anschluss völlig verdient die gelb-rote Karte, weil er – zuvor schon verwarnt – vor dem Wattens-Fanblock gejubelt und sich dabei das Trikot ausgezogen hatte. “Ich habe es einfach vergessen”, musste der konsternierte Torschütze zugeben.

Für die Austria war es der erste Bundesligasieg in dieser Saison, das erste Erfolgserlebnis seit dem 3:2-Cupsieg bei der Vienna im September. Durch den 2:0-Erfolg ist vor allem der Glaube wieder zurück in Lustenau, der Glaube an das Wunder vom Nichtabstieg. Der Rückstand auf die Tiroler beträgt nur noch fünf Punkte, jener auf Altach elf Punkte.